"Hart aber fair" "Hart aber fair": Ist die Wurst die Zigarette der Zukunft?

Deutschlands Raucher sind in der Defensive. In Restaurants und Kneipen herrscht meist Nikotinverbot, wer zur Zigarette greifen will, muss vor die Tür. Und jetzt das: "Wir befürchten, die Wurst ist die Zigarette der Zukunft", sagt der Marketingchef der Firma Rügenwalder, die vor Monaten mit einigem Erfolg eine vegetarische Wurst auf den Markt gebracht hat. All die Fleischskandale haben das Image der klassischen Wurst beschädigt, darunter leide auch der Konsum derselben, sagt die Firma.
Muss der Wurstesser bald draußen vor die Tür wie der stigmatisierte Raucher? Nee, glaubt Entertainer Jürgen von der Lippe, einer der fünf Gäste in Frank Plasbergs Plauderrunde "Hart aber Fair", die diesmal wenig kontrovers war und daher - nun ja, ein bisschen blutleer. Genussmensch von der Lippe ("Tiere gehören in die natürliche Nahrungskette des Menschen") will sich weder Wurst noch Schnitzel verbieten lassen, sogt sich aber um die artgerechte Tierhaltung.
Die vegane Kochbuchautorin Nicole Just ("Für mein Essen muss kein Tier getötet werden") riet erwartungsgemäß zum Verzicht auf Fleisch oder wenigstens zur Mäßigung, gab sich ansonsten aber wenig missionarisch. Spitzenkoch Alexander Herrmann ("Wenn das Schwein vom Bauernhof kommt, dann habe ich einen guten Zugang zur Wurst") stört's, dass die Leute von Bio reden und dann doch die billige Massenware kaufen.
Und die Wurstfabrikantin Sarah Dehm (sie lässt in ihrer Fabrik wöchentlich 90.000 Schweinezungen verarbeiten) lobte selbstverständlich den ihrer Ansicht nach hohen Standard bei Tierhaltung und -verarbeitung in Deutschland.
0,75 Quadratmeter für ein Schwein
Das sah die ehemalige NRW-Landwirtschaftsministerin und Grüne Bärbel Höhn ("Fleisch muss wieder etwas Besonderes werden") natürlich anders. So wie man mit der Kennzeichnung von Eiern die Käfighaltung zurückgedrängt habe, so müsse es eine Qualitätskennzeichnung für Fleisch von Rind, Huhn und Schwein geben, forderte Höhn. Ein 110 Kilo schweres Schwein werde heute auf einer Fläche von 0,75 Quadratmetern gehalten.
Ein Mensch habe für den Nachtschlaf zwei Quadratmeter zur Verfügung - da passten also drei Schweine ins Bett, rechnete Höhn vor. Und sofort war sich die Runde einig: Es dürften maximal zwei sein.
Das Schnitzel antwortet nicht
"Wenn die Tierhaltung nicht artgerecht ist, muss die Politik agieren", forderte der Sternekoch, der übrigens ebenso wie die anderen Diskutanten bei der Verkostung von Fleischwurst im Studio sofort das vegetarische Produkt bestimmen konnte.
"Die schmeckt wirklich gut, aber die sieht scheiße aus", befand von der Lippe, der sich schon zu Beginn der Sendung kein bisschen von Plasberg irritieren ließ. "Wann haben sie zuletzt Schnitzel zu seiner Herkunft befragt" hieß dessen verunglückte Auftaktfrage. Und diese Vorlage ließ der Entertainer nicht ungenutzt: "Das Schnitzel hätte mir nicht geantwortet, wenn ich es gefragt hätte." Humoristisch war das jedenfalls der Höhepunkt der Sendung.

