Handwerk Handwerk: Kunstglas aus Naumburg gibt es weltweit

Naumburg/dpa. - Weltweit befinden sich in Kirchen, Kulturpalästen,Hotels oder auf Schiffen Fabrikate aus den Glaswerkstätten derDomstadt. Ob nun Bleiglasfenster, Glaswappen, Antikspiegel oderaufwendig fabrizierte Glaslampen - der Chef der kleinen Firma DomglasNaumburg, Lutz Gärlich, stellt sich jeder Herausforderung.
Von einem Kunden gleich um die Ecke kam der wohl spektakulärsteAuftrag der Nach-Wende-Zeit. Die Vereinigten Domstifter zu Merseburgund Naumburg beschlossen, die neuen Glasfenster für dieElisabethkapelle im Naumburger Dom von Neo Rauch gestalten zu lassen.Das Team um Gärlich setzte die Entwürfe des Leipziger Malers auf Glasum. «Rauch kam während dieser Arbeiten mehrfach zu uns und warzufrieden, es war eine angenehme Zusammenarbeit», schwärmt dieGlasmalerin Martina Gärlich, Tochter des Firmenchefs.
Die drei Rundbogenfenster - 1,40 Meter hoch und 50 Zentimeterbreit - aus rubinrotem, mundgeblasenem Glas locken seit Dezembertausende Neugierige in die Elisabethkapelle. «Regelmäßig ruft unsjemand an und will durch den Dom geführt werden oder eine kleineKopie der Rauch-Bilder haben, zum Beispiel als Abziehbild oderkleines Fensterchen», sagt die Glasmalerin. Vermarkten darf dieKunstglasfirma die Motive mit verschiedenen Szenen aus dem Leben derHeiligen Elisabeth aber nicht.
Die Vereinigten Domstifter zu Merseburg, Naumburg und desKollegiatstifts Zeitz schätzen die Arbeit der Gärlichs schon seitJahrzehnten. «So lange hier in Naumburg und in Merseburg an denFenstern gearbeitet wird, ist die Firma mit Kompetenz vertreten»,sagt die Sprecherin der Domstifter, Kerstin Wille. Das Interesse anden Rauch-Fenstern sei auch knapp ein Jahr nach dem Einbau noch groß.
Kirchen spielen für Gärlichs schon immer eine spezielle Rolle. AlsLutz Gärlich 1966 von Leipzig nach Naumburg zog, um dort dieKunstglaserei «Seyfarth & Isenmann» zu übernehmen, hat er mitFenstern für 15 Kirchen in Mecklenburg begonnen. «In den 80er Jahrenhaben wir fast 20 Kirchen im Eichsfeld restauriert», sagt er. Auchdie Fenster der Christuskirche in Windhuk (Namibia) tragen Spuren ausNaumburg. In den meisten Fällen sind die Glas-Experten auch für denEinbau der Fenster zuständig. «Dann heißt es: Fenster ausbauen,schweißen, Löcher bohren, Eisen bohren, Mörtel anrühren...»,beschreibt die Tochter des Chefs.
Zu DDR-Zeiten hat der Kunstglaser die Säle auf schwedischenHotelschiffen mitgestaltet, bleiverglaste Lampen für den BerlinerFriedrichstadtpalast, das Gästezimmer von Kurt Masur in einemLeipziger Hotel, die Oper in Vilnius und den Kulturpalast Kuwaithergestellt. «Diese Aufträge hatte alle ein Architekt in der Hand,mit dem ich kooperiert habe», sagt der Kunsthandwerker. Nach derWende brach zwar dieses Geschäftsfeld zusammen, aber neue eröffnetensich. Zum Beispiel mussten Fenster auf «West»-Sicherheitsstandardgebracht werden, etwa im «Gotischen Haus» im Gartenreich Dessau-Wörlitz, das zum Unesco-Welterbe gehört.