Hammerschläge für den Frieden Hammerschläge für den Frieden: Buch von Friedrich Schorlemmer ruft Erinnerungen wach

Wittenberg - Ein athletischer Mann, Stefan Nau, schmiedet ein Schwert zu einer Pflugschar. Geschehen in der Nacht vom 24. zum 25. September 1983 im Lutherhof Wittenberg. Sechs Jahre vor dem Mauerfall. Dieses Bild ist zum Symbol geworden für den Mut von Christen und Pazifisten in der DDR und hat nichts von seiner Kraft eingebüßt.
Courage wird immer gebraucht, auch jetzt, da neue Nazis das Land terrorisieren und glauben, es damit übernahmereif zu machen.
Wegbereiter der spektakulären Aktion vor dem Hintergrund des Kirchentages in Wittenberg war der Friedenskreis um den Theologen Friedrich Schorlemmer. Geschützt von den westdeutschen und internationalen Gästen feierten Tausende die Aktion, während die Genossen die Fäuste in den Taschen ballten.
„Die Wende in Wittenberg“ überrascht mit SED-Slogan
Eine unvergessliche Szene, die im ganzen Land die Runde machte - und ein markantes Zeichen auf dem Weg zu einer grundlegenden Veränderung des Staates DDR war. Von einer Friedlichen Revolution, wie sie sich dann im Herbst 1989 vollzog, haben damals viele geträumt. Aber nur wenige haben wohl daran geglaubt, dass sie so bald kommen würde.
Nun liegt ein Text-Bild-Band von Friedrich Schorlemmer und Johannes Winkelmann zum Thema vor: „Die Wende in Wittenberg“. Nur eines erstaunt: Dass es ausgerechnet der SED-Slogan von einer Wende, die da kommen (und die Macht der Staatspartei retten) sollte, auf den Titel des Buches geschafft hat. In großer Detailfreude wird an Ereignisse und die Stimmung in der Stadt erinnert - vor und nach dem Mauerfall.
Schorlemmer druckt Ausreise-Ablehnungs-Brief von DDR-Polizeioffizier ab
Schorlemmer, dessen Text 1998 zum ersten Mal erschien, gibt zum Beispiel ein Gespräch wieder, das er in den 80ern mit einem Polizeioffizier namens Krüger geführt hat. Dieser war im Wesentlichen für die grundlose Ablehnung von Einreisen aus dem Westen - und Ausreisen dorthin zuständig. Heute erheitert ein Brief dieses Hüters der Staatsmacht: „Wir teilen Ihnen hierdurch mit, daß Ihre Anträge nicht genehmigt werden.“
Auch die Ankunft des Kapitalismus in Wittenberg ist dokumentiert: Über einer verwitterten „Kosmetik“-Leuchtreklame hat die Deutsche Bank ein Pappschild samt Logo angenagelt. Willkommen in der Zukunft. (mz)
››Friedrich Schorlemmer (Text) / Johannes Winkelmann (Fotos): „Die Wende in Wittenberg“, Drei Kastanien Verlag, Wittenberg, 80 S., 16,80 Euro