Halle Halle: «Jeder darf mal»

Halle/ddp. - «Jeder darf mal», ruft er den Polizisten entgegen, dienacheinander auf ihn einschlagen. «Chrille» beschreibt auf der Bühnedes Thalia Theaters Halle im Theaterstück «Ultras» dasAufeinandertreffen eines fanatischen Fans des Halleschen Fußballclubs(HFC), eines «Ultras», mit der Polizei in einem Fußballstadion. DasStück hat am Freitag (18. September) Premiere.
Die Fankultur mit all ihren Problemen und Konflikten ist Thema von«Ultras». Im Mittelpunkt des Theaterstücks stehen dabei die härtestenFans des Viertligisten HFC. Die tragikomische Geschichte einer Gruppevon Fußballfans inszeniert Regisseur und Autor Dirk Laucke komplettmit Laiendarstellern. Neun Ultra-Fans des HFC sind dabei, einweiterer Laiendarsteller mimt einen Radioreporter, dem die Ultrasihre fiktionalen Geschichten, die sie bei drei Fußballspielen des HFCerleben, erzählen.
Seit Mai sei das Stück geprobt worden, sagt Laucke. Das sei nichtimmer eine leichte Arbeit gewesen, berichtet der Regisseur.Schließlich «geben sie ihr Innerstes preis», sagt Laucke über dieUltras. Was «Chrille» und seine Kumpels auf der Bühne durchlebten,sei ihnen nicht fremd, meint Laucke. Das kann «Chrille» nurbestätigen: Stadionverbote oder deren Androhungen kämen ihnen bekanntvor.
Der Regisseur, Jahrgang 1982 und in Halle geboren, ist nacheigenen Angaben kein Fußballfan. Für die Auftragsproduktion habe erin der Fankultur recherchiert und dabei in der vergangenen Saisonerstmals ein Spiel des HFC besucht. Der «massive Auftritt» derspeziellen Fangruppe und der damit verbundenen Stimmungsmache sei ihmsofort aufgefallen.
«Chrille» ist nicht nur Bühnenname für den groß gewachsenen,blonden jungen Mann. Der 24-Jährige hat diesen Namen auch in derSzene, der Ultraszene des HFC. Christoph Achilles, wie «Chrille»eigentlich heißt, ist Verwaltungsangestellter in einemForschungsinstitut. Er habe Abitur, betont er. Seit neun Jahren seier HFC-Fan, seit fünf Jahren ein Ultra.
Was ist der Unterschied zu einem gewöhnlichen Fan? «Ultras sindfanatischere Fans», sagt er. Als solcher bestimme er «aktiv» dieSpiele des Clubs mit. «Stimmung verbreiten, Choreografienvorbereiten», erklärt Achilles weiter. Letzteres bedeute unteranderem, dass Plakate entworfen und gefertigt würden, die an denWochenenden zum Einsatz kämen, um die heimische Mannschaftanzufeuern, zu unterstützen. Der junge Mann, der seinem Aussehen nachdurchaus in einer Bank arbeiten könnte, sieht sich «auf gar keinenFall» als Hooligan. «Ultras gehen zum Fußball, nicht zuSchlägereien», sagt er.
Sein Fußball- und Bühnenkollege Marcel Batke ergänzt: Als Ultrastehe man die ganze Woche über zu seinem Verein und nicht nur 90Minuten lang am Wochenende. Fußball, das sei das Leben, sagt der20-Jährige. «Politik ist uns völlig egal», betont er.
Für das Theaterspiel hat sich Achilles entschieden, weil es eine«gute Möglichkeit» sei, anderen das Leben als Ultra näher zu bringen.«Das Theaterspielen macht Spaß», sagt der 24-Jährige. Aber es seieine «einmalige Sache». Seine Leidenschaft bleibe der Fußball.
Und die kommt auf der Bühne gut zur Geltung: Dort stehen Achillesund Batke in einer maßstabsgerechten rot-weißen Fantribüne. IhreKleidung unterscheidet sich dabei nicht von der im Stadion:Fanshirts, Fanpullover, Jeans oder Jogginghose. Batke wirft sichstolz in die Brust: «In mir kocht nur der HFC! Alltagsmist vergessen,Benimmregeln - alle weg.»