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Günter Gueffroy Günter Gueffroy: DDR-Fotograf arbeitete auch für den Playboy

Von Steffen Könau 22.04.2014, 14:16
Abschied vom Palast der Republik 1990
Abschied vom Palast der Republik 1990 Günter Gueffroy Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Er hat sie alle gehabt, manche sogar mehrmals. Eva Maria Pieckert und die junge Carmen Nebel, Veronika Fischer und die Balletttänzerin Jutta Deutschland. In allen Illustrierten der DDR fanden sich die Fotos von Günter Gueffroy, für 60 Schallplattencover der Staatsfirma Amiga lieferte er die Bildvorlagen und ungezählt sind die Aufnahmen, die er von Stars und Sternchen der Arbeiter- und Bauernrepublik für Poster und Autogrammkarten machte. Kein anderer Fotograf hat die öffentliche Wahrnehmung Prominenter in der DDR so geprägt wie der heute 69-jährige Fotograf, der Chemiefacharbeiter lernte und sich seine Sporen als Fotoreporter beim SED-Zentralorgan „Neues Deutschland“ verdiente.

Glücklich war Gueffroy dort nicht, aber auch die Chefs der Parteizeitung wurden mit seiner Art zu fotografieren nicht warm. Der 1944 in Marienbad geborene Fotograf eckte an: Das erste Foto, das von ihm veröffentlicht wurde, zeigte ein Model, das Jugendweihemode vorstellen sollte. Gueffroy hatte die junge Frau nicht in typischer Pose aufgenommen, sondern in einem Moment, in dem sie einen kleinen Schritt machte. Die Redaktion beschnitt das Bild ziemlich radikal, weil „die Beinstellung nicht der natürlichen Art eines DDR-Mädchens“ entsprach.

Mit Glück gelang es dem Branchenneuling mit Mitte 20, eine der begehrten Lizenzen als freier Fotograf zu bekommen. Er macht Fotoreportagen, und landet über Aufnahmen für den Rundfunk der DDR bei seinen ersten Prominenten. Heiner Müller und Kurt Böwe, Jutta Hoffmann und Nina Hagen, ungeschminkt und kaum inszeniert, öffnen ihm die Tür zu richtigen Studioproduktionen mit nahezu allem, was die DDR-Schauspiel-, Pop- und Rockszene zu bieten hat.

Günter Gueffroy, so zeigt es der jetzt von ihm gemeinsam mit seinem früheren Model Simone Brackrog zusammengestellte Bildband „Nur zum Vergnügen“, ist keiner, der seinem Motiv seinen Stil aufdrückt. Je nachdem, wie Klienten wie Inka Bause, die Band Rockhaus, der Schlagersänger Olaf Berger oder die Moderatorin Victoria Herrmann sich selbst sehen wollen, schafft es der Lichtbildner, sie im Studio in Szene zu setzen.

Seine Handschrift aber ist unverkennbar, selbst wenn er beauftragt wird, für das Jugendmagazin „neues leben“ ein „stimmungsvolles Poster“ mit einer „romantischen FDJlerin“ zur Werbung für den als „Kampf- und Feiertag der Werktätigen für Frieden und Sozialismus“ propagierten 1. Mai anzufertigen. Das ausgewählte Model lächelt süß über einer Mai-Nelke . . . Mit dem Blick des Profis, erinnert sich Gueffroy, habe er das Potenzial des Mädchens erkannt und später auch Aktaufnahmen von ihr gemacht.

Eine Spezialität des heute in Klein Schulzendorf lebenden Fotografen, wie der Bildband eindrucksvoll zeigt. Günter Gueffroy konnte seinerzeit nicht auf Model-Karteien zurückgreifen, er fand seine Models auf der Straße, in Büros, am Strand oder auch im Ballett des Friedrichstadtpalastes. Anja Kossak etwa, eine Zahnarzthelferin aus Magdeburg, die das erste Playmate der DDR werden sollte, entdeckte Gueffroy auf Empfehlung eines Musikers in der Tanzgrupppe des VEW Schwermaschinenbau Magdeburg. Mit der hübschen Blondine, die als „Miss Januar 1990“ Furore machen sollte, schaffte es der Fotograf 26 Jahre nach seinem Abschied völlig unverhofft sogar zurück zum „Neuen Deutschland“: Erstmals überhaupt druckte das Partei- und Staatsorgan im Dezember 1989 ein Aktfoto - eine Zeitung aus dem Westen kommentierte das als „Fortsetzung der Revolution in der DDR“.

Brackrog/Gueffroy, „Nur zum Vergnügen“, Bild und Heimat, 144 Seiten, 19,90 Euro

Günter Gueffroy
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dpa Lizenz