Gunter Gabriel: Gunter Gabriel: Deutscher Country-Held wird 70 Jahre alt

Halle (Saale)/MZ. - Tatsächlich ist sein Gesicht von den Spuren eines bewegten Lebens gezeichnet; der Reibeisen-Bariton verrät, dass dieser Mann eine bemerkenswerte Menge Nikotin und Alkohol vernichtet hat.

Trotzdem strahlt er eine enorme Vitalität aus. Seit fast 40 Jahren gibt Gunter Gabriel all jenen eine Stimme, die immer schon zu kurz gekommen sind. Er hat mit seiner Karriere bewiesen, dass man es von ganz unten nach ganz oben schaffen kann: nicht mit Glück oder Beziehungen, sondern durch harte Arbeit und einen unerschütterlichen Glauben an die eigenen Fähigkeiten. Dass sein Höhenflug bloß von kurzer Dauer und sein Absturz um so rasanter war, macht die Texte nur noch glaubwürdiger.

1974 ist sein Stern aufgegangen. Abgesehen von den Chansons Reinhard Meys galten deutsche Lieder damals automatisch als Schlager. Da wirkte der wie aus dem Nichts aufgetauchte Gabriel mit seinen Songs im Country-Stil wie ein Paradiesvogel. Wo andere von Liebe schmachteten, sang er "Hey Boss, ich brauch' mehr Geld", und das mit einer Stimme, die viel reifer klang, als der Sänger aussah.

Im vergangenen Jahr hat der gebürtige Westfale seine Erinnerungen zu Papier gebracht. Das Buch trägt den vielsagenden Titel "Wer einmal tief im Keller saß". Die Lektüre ist deftig, Gabriel beschönigt nichts. Die beiden wohl entscheidenden Wendepunkte in Gabriels Leben kann man ihm allerdings nicht ankreiden: Wie andere Prominente der Siebzigerjahre verlor auch er sein gesamtes Vermögen in einem jener berüchtigten "Bauherrenmodelle"; gestern mehrfacher Millionär, heute hoch verschuldet.

Dass kurz drauf auch der Erfolg ausblieb, lag an einem Phänomen, das den Schlager und mit ihm auch Gabriel im Nu ganz alt aussehen ließ: Erst kam der Punk und dann die Neue Deutsche Welle.