Grenzwall und Barbarenschutz Grenzwall und Barbarenschutz: Der Limes soll Weltkulturerbe werden
Stuttgart/dpa. - Er trennte einen ganzen Kontinent in zwei Teile, diente den Römern als Zollzaun und zum Schutz vor den germanischen Barbaren. Auch knapp 2000 Jahre später schlängelt sich der Limes noch in Bruchstücken auf einer Länge von insgesamt 542 Kilometern von der Region Koblenz in Rheinland-Pfalz bis zum bayerischen Regensburg. Als größtes Baudenkmal Mitteleuropas soll der Limes nach dem Willen von vier Bundesländern im kommenden Oktober zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt werden.
Am nächsten Montag (13. Januar) wollen Vertreter aus Baden- Württemberg und Hessen, Bayern und Rheinland-Pfalz in Berlin einen entsprechenden Antrag unterzeichnen, der Anfang Februar über das Auswärtige Amt an die UNESCO in Paris weitergeleitet wird. Das Quartett hat Chancen: Die englische Hadriansmauer, ein ähnlicher Grenzwall, trägt bereits seit 1987 den Stempel eines Weltkulturerbes.
Eine finanzielle Spritze könnte dem kränkelnden deutschen Bauhünen sicherlich gut tun. Denn Wind und Wetter nagen an der verbliebenen Substanz des Grenzwalls, Pflüge und Traktoren setzen ihm zu und lange wurden Häuser und Straßen einfach auf die Reste der römischen Verteidigungslinie gebaut. «Da ist über weite Strecken viel kaputt gegangen», sagt der hessische Landesarchäologe Professor Egon Schallmayer. Durch den Titel eines Weltkulturerbes erhoffen sich Archäologen, Denkmalpfleger und Historiker «einen zumindest 99- prozentigen Schutz des Limes».
Ebenso lückenreich wie der Wall, der einst das kultivierte Römerreich vom wilden Germanien trennte, ist auch heute noch das Wissen über Verlauf, Funktion und Geschichte der antiken Architektur. Alte Quellen über die beeindruckende Verteidigungslinie mit ihren etwa 80 Kohortenkastellen existieren kaum. Für die Römer selbst war der Wall kaum eine Erwähnung wert. Das heutige Wissen über die römisch-germanische Grenze stammt nach Angaben der Historiker allein aus der Archäologie - und aus den Erkenntnissen der Reichs- Limeskommission, die um die Jahrhundertwende in Berlin gegründet wurde.
Am besten erhalten ist der ehemalige Grenzwall nach Einschätzung der Experten im Taunus und in Baden-Württemberg. Graben und Wall können hier noch erkannt werden, auch die Schutthügel der Wachttürme sind noch da. Warum nur an einigen Strecken der Grenzmarkierung so genannte Palisaden - dichte Zäune aus Baumstämmen - stehen, gibt den Wissenschaftlern dagegen noch Rätsel auf.
Immer mehr Fachleute zweifeln bereits an der Funktion des Walls. War der Limes vielleicht doch weniger eine militärische als vielmehr eine wirtschaftspolitische Linie? «Um die eigene Provinz finanziell besser da stehen zu lassen, hätten Waren aus anderen Landesteilen zum Beispiel mit Steuern oder Zöllen belegt werden können», meint Andreas Thiel vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg. Seine Behörde ist Koordinationsstelle für das Vorhaben «Weltkulturerbe Limes», der Archäologe selbst ist im Auftrag des Bundeslandquartetts tätig.
Gerettet werden kann der Limes nach Ansicht von Fachleuten nur, wenn er touristisch vermarktet wird und Städte und Kommunen am antiken Grenzwall mehr für die Spuren der Römer werben. Unter anderem in Mainhardt (Baden-Württemberg) soll ein 15 Kilometer langer Lehrpfad entlang der Verteidigungslinie mehr Licht in die historische Römerzeit auf württembergischen Boden bringen. In Aalen, wo vor 1800 Jahren etwa 1000 römische Reitersoldaten im größten Reiterkastell nördlich der Alpen stationiert waren, steht seit 1964 das Limesmuseum, das größte Römermuseum entlang der Limesstrecke.
Die Kosten für die Bewerbung bei der UNESCO tragen die Länder gemäß ihrem Anteil am Limes. Insgesamt sollen es 350 000 Euro sein - Kosten, die schnell durch Touristen wieder eingespielt werden sollen. «Wir wollen uns unter anderem besser absprechen, damit nicht an allen Orten dasselbe präsentiert wird», erklärt Thiel. Die Chancen für eine erfolgreiche Bewerbung kann er kaum einschätzen: «Die UNESCO prüft jedes Jahr nur noch 30 Anträge aus aller Welt und die Stimmungslage ist uns nicht bekannt.»