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GNTM GNTM: Du hast keine Persönlichkeit

Von Annika Leister 11.04.2014, 04:19
Die Kandidatinnen bei „Germany's Next Topmodel“
Die Kandidatinnen bei „Germany's Next Topmodel“ © ProSieben/ Oliver S. Lizenz

Schön schräg war…

Der Besuch in Wolfgang Joops Atelier. Nach der Ankündigung von Joop könnte man es aber auch für die NSA-Hauptzentrale halten. „Top secret“ sei hier alles, streng geheim, hier dürfe ansonsten nie, unter keinen Umständen, jemals jemand rein. Nur für das Topmodel-Geschwader, die ProSieben-Kamerahorde und ein paar Millionen Zuschauer, da macht Joop zum Glück eine Ausnahme.

Natürlich nicht einfach so. Sondern weil die Mädchen seine Freundinnen sind. Seine Freundinnen sind angesichts dieser Enthüllung ziemlich baff und schweigsam. Schließlich quittiert Joop die meisten ihrer Auftritte auch in der zehnten Folge noch mit der Frage in Richtung Heidi: „Wer war das jetzt?“ Ganz verdenken kann man es ihm nicht. Viele Mädchen bleiben blass, austauschbar, sich irgendwie ähnlich. Die Klumsche Traummaschinerie lässt eben nur wenig Platz für Individualisten.

Es sei denn, der Individualismus beschränkt sich auf Augenbrauen, Ohrengrößen oder Schädelformen. Nachdem Joop aus ihrem Schweigen schlussfolgert, dass die Mädchen vielleicht erstmal ankommen müssten, weil sein Epizentrum sie überwältigt habe, glänzt er durch feinsinnige Beobachtungen wie: „Sie hat etwas von einem Alien – das ist natürlich etwas, das uns sehr gefällt“ oder „Ihre Beauty ist transparent“. 

Dramatisch war…

Der Rest der Folge. Denn Nathalie, die ewig ehrgeizige Einzelgängerin, weint, nachdem sie bei einigen Castings keinen Job abbekommt. Zum nächsten Casting schminkt die 16-Jährige sich, verstößt damit gegen ein altbekanntes Model-Gesetz und weint noch bitterer, als sie deswegen den nächsten Rüffel kassiert. Jury-Mitglied Thomas Hayo tröstet schwach. Das passiere eben, wenn man die Mädchen in die „real world“ hinausschicke, ganz ohne „protection“. Und dann klappt es nicht so, wie diese Mädchen sich das vorstellen. „Das ist der Speed, in dem das Business funktioniert.“

Dieser Speed hat bei Germanys Next Topmodel ein faltenfreies Gesicht: das von Heidi Klum. Mit wenig Zuckerbrot und sehr viel Peitsche herrscht sie in dieser Folge über ihre Modelschar. Von der beinahe liebevollen Model-Mama, die Klum in den vergangenen Folgen gelegentlich mimte, war nichts mehr zu spüren. 

Erst ringt sie Nancy eine demütigend lange Entschuldigung für ihr Fehlverhalten in der letzten Folge ab (Nancy hatte bei der Übergabe ihres Fotos nicht die nötige Dankbarkeit gezeigt), dann ahmt sie Sarahs Gesichtszüge auf dem Trampolin in unvorteilhaftester Weise zu lange nach (obwohl sie Sarah wenige Minuten später ohnehin rausschmeißt) und attestiert Jolina schließlich: „Wir haben eben gerade von Persönlichkeit geredet – und die fehlt dir.“ In felsenfester Überzeugung. Da wagten sogar Hayo und Joop, die sonst so treuen Soldaten an der Seite der grausamen Königin, kurz zu widersprechen. Selbst angesichts dieser Rebellion schafft Make-Up-Maschine Heidi allerdings nicht mehr als ein ungläubiges: „War das zu direkt?“

Höhepunkt…

War das Shooting von Nathalie. Dieses Mal war die Aufgabe für die Mädchen: auf einem Trampolin hüpfen. Dabei natürlich straff aussehen, schön und bitte ein bisschen verrenken. So weit kam Nathalie allerdings gar nicht. Vier Hopser machte sie, dann brach sie keuchend und schwankend ab. „Das ist, weil ihr alle kein Sport macht“, schimpft Heidi vom Trampolinrand. „Ich hab heute nur bisschen was gegessen“, sagt Nathalie.

Dabei hatte Heidi Klum doch die ganze Staffel über so häufig und euphorisch wie nur möglich betont, dass Models gerne essen, oh, und was sie alles essen. Döner zum Beispiel ist laut Klum ein Model-Lieblingsgericht. Da kommt diese dahingekeuchte Antwort einer 16-Jährigen denkbar ungelegen.

Also schimpft Klum schnell und unbarmherzig, darüber wie unvernünftig Nathalies Verhalten, wie wichtig aber eine gute Ernährung sei und entsendet Nathalie fachmännisch zum Essen einer Banane. Verdauen bitte auch noch. Damit es keine hässlichen Flecken auf dem Trampolin gibt. Denn die Beinahe-Ohnmächtige soll in ein paar Minuten natürlich noch einmal hüpfen. „Dann sehen wir uns gleich nochmal wieder“, sagt Heidi. Und als man schon glaubte, das Thermometer für menschliche Wärme könne in dieser Folge gar nicht mehr tiefer fallen, fügt sie hinzu: „Mit mehr Elan.“