1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Gewandhauskapellmeister: Gewandhauskapellmeister: Unersättlich und anspruchsvoll

Gewandhauskapellmeister Gewandhauskapellmeister: Unersättlich und anspruchsvoll

Von Tobias D. Höhn 02.02.2004, 18:41
Stockholm, San Francisco, Tokio, Hamburg,Leipzig: Seit einem halben Jahrhundert führt der schwedische DirigentHerbert Blomstedt die renommiertesten Orchester der Welt. (Foto: dpa)
Stockholm, San Francisco, Tokio, Hamburg,Leipzig: Seit einem halben Jahrhundert führt der schwedische DirigentHerbert Blomstedt die renommiertesten Orchester der Welt. (Foto: dpa) dpa/dpaweb

Leipzig/dpa. - Stockholm, San Francisco, Tokio, Hamburg, Leipzig: Seit einem halben Jahrhundert führt der schwedische Dirigent Herbert Blomstedt die renommiertesten Orchester der Welt. Am kommenden Dienstag (3. Februar) feiert der Maestro und derzeitige Gewandhauskapellmeister sein 50-jähriges Bühnenjubiläum. Ans Aufhören denkt der 76-Jährige deshalb aber noch lange nicht. «Arbeit gibt es genug, und meine Neugier ist unersättlich», sagt das Mitglied der Königlich-Schwedischen Musikakademie.

Die Liebe zur Klassik wurde Herbert Thorson Blomstedt in die Wiege gelegt. Die Mutter, Pianistin von Beruf, gab dem Sohn erste Musikstunden. Später studierte er Geige am Königlichen Konservatorium in Stockholm und an der Universität Uppsala. In New York erwarb er fundierte Kenntnisse im Dirigieren, in Darmstadt studierte er zeitgenössische sowie Renaissance- und Barockmusik in Basel. Seinen «Schliff» erhielt er aber durch die Arbeit unter Igor Markevich in Salzburg und unter Leonard Bernstein.

Zurück in der Heimat debütierte der hoch gewachsene, schlanke Dirigent 1954 mit den Stockholmer Philharmonikern, Bachs zweiter Ouvertüre h-Moll, Beethovens erstem Klavierkonzert und Hindemiths Sinfonie «Mathis der Maler». «Das ist eines der schönsten Programme, damals wie heute», sagt er. Seinem Wunsch gemäß wird das Leipziger Gewandhausorchester, dessen Chef Blomstedt seit 1998 ist, zum Jubiläum das Debüt-Programm noch einmal aufführen.

Nach gefeierten Stationen als Chef der Sächsischen Staatskapelle Dresden (1975-1985), des San Francisco Symphony Orchestra (1985- 1995), des NDR-Sinfonieorchesters (1995-1996) sowie Intermezzi als Gastdirigent namhafter Ensembles gewann Blomstedt auch in Leipzig die anfangs skeptischen Zuhörer. Mit 20 Erstaufführungen 1998/99, aufwändigen Konzerten und Tourneen bis nach Australien bewies er, dass er kein Mann der leisen Töne ist. «Das Orchester ist gut in Schwung, es herrscht eine großartige Arbeitsmoral, und das spürt auch das Publikum», sagt Blomstedt.

In der Musikwelt gilt er als Spezialist für das Werk Bruckners sowie der skandinavischen Komponisten Carl Nielsen und Jean Sibelius. Bis zum Stabwechsel mit Riccardo Chailly zur Saison 2005/06 plant Blomstedt Tourneen nach Amerika, Skandinavien und Japan. «Zum Schluss gibt es ein Heimspiel für mich.» Das enorme Arbeitspensum des 76- Jährigen und sein hoher Anspruch an sich und seine Künstler wird auch in der Oper geschätzt.

«Ich bewundere seinen ethischen Anspruch sehr, den man nicht nur an ihm als Mensch wahrnimmt, sondern der auch aus jedem von ihm dirigierten Takt Musik spricht», sagt Intendant Henri Maier. Das Orchester habe einen großen Künstler und einen Repräsentanten Leipzigs auf der ganzen Welt gewonnen. Der so Gelobte will auch nach Übergabe des Taktstocks - wie Vorgänger Kurt Masur - dem Orchester als Gast die Treue halten. Bislang reißen die raren Konzertbesuche Masurs an der Wirkungsstätte der Komponisten Johann Sebastian Bach und Felix Mendelssohn Bartholdy das Publikum immer wieder zu langen «Bravo»-Rufen hin.