Gesamterlebnis Gesamterlebnis: Leipziger Jazz für Heim und Welt
Leipzig/MZ. - "Ihn nach Leipzig zu holen war alles andere als einfach. Und obwohl das Festival als Gesamterlebnis und in der Vielzahl seiner Facetten attraktiv sein soll, freut es uns doch besonders, dass es gelungen ist, eine Legende wie Jimmy Smith im Programm zu haben." Dies hatte Bert Noglik, künstlerischer Leiter der Leipziger Jazztage, vorab zu Protokoll gegeben und nach 17 Konzerten an vier Tagen sollte auch die Bilanz eine ausgesprochen positive sein.
In der gut besuchten Oper und an den diversen Nebenspielplätzen ist es exzellent gelungen, das weite Feld der improvisierten Musik abzubilden auf diesem Fest, das es in den 27 Jahren seiner Existenz zum wichtigsten seiner Art im Osten Deutschlands gebracht hat. Das Konzept setzte auf Vielfalt, ohne beliebig zu werden. Aktuelle Trends standen neben gesicherter Tradition, Europa neben Amerika und Lautes neben eher Stillem. Es wurde die momentane Annäherung der Weltmusik an den Jazz gezeigt und an zwei Bespielen, warum gegenwärtig Jazzsängerinnen Hochkonjunktur haben.
Susi Hyldgaard aus Dänemark sang am Eröffnungsabend vom Piano her sinnlich und jenseits aller Schubladen ihre markanten Songs, die von daheim handeln und die Welt meinen. Das war ein wunderbarer Höhepunkt gleich zum Beginn. Zweimal nach Mitternacht wurde dann im benachbarten Club zu den souligen Grooves der norwegischen Kultband Beady Belle um die Sängerin Beate Lech getanzt, weil auch das wieder zum neuen Jazz gehört.
Den eigentlichen Höhepunkt aber lieferte Ron Carter, früher Miles-Davis-Bassist und gefragtester Tieftöner des modernen Jazz. Sein seit 18Jahren bestehendes Quartett "Foursight" war genau die richtige Startrampe für seine legendär fintenreichen Walking-Lines und gab ihm Raum für grandiose Solos.
Natürlich konnte sich nicht jedes Konzert auf so ausgesuchter Höhe bewegen. Das sehr abstrakte ROVA Saxophone Quartet zum Beispiel war gar zu hermetisch in seiner akademischen Konstruktion, woran auch zwei für Leipzig zugefügte Schlagzeuger nichts änderten.
Freude pur löste schließlich der Auftritt von Jimmy Smith aus, der seit Jahrzehnten die Existenz der Hammons Orgel überhaupt erst rechtfertigt. Was er lieferte, war uramerikanisches Entertainment in Reinkultur, schwergewichtiger Einpeitscher und Mitklatschen inclusive. Aber irgendwelche Sicherheiten muss es ja geben.