Georg Philipp Telemann Georg Philipp Telemann: Lust am Klang und Leiden in der Ehe
Halle/MZ. - Kleßmann, eher Feuilletonist und Schriftsteller als Musikwissenschaftler, schreibt sich gut leserlich und kenntnisreich an Telemanns Biografie entlang, ohne freilich Neues in Leben und Schaffen des Komponisten entdecken zu wollen, der 1681 in Magdeburg geboren wurde. Immerhin hält er souverän die Balance zwischen fundierter Werkeinschätzung und unterhaltsamer Lebensschau, die unter anderem Eheproblemen einen ansehnlichen Platz einräumt. Telemann wurde von seiner Frau Maria Catharina nicht nur betrogen, sie war auch spielsüchtig - und der ansonsten so lebenstüchtige Komponist jagte sie 1736, welch eine Aktion damals, zum Teufel.
Man kann Kleßmanns Ausführungen aber auch gut entnehmen, mit welch eisernem Willen Telemann seinen Berufswunsch Musiker gegen die Familie durchsetzte, um danach unermüdlich, sturköpfig und talentiert zum berühmtesten deutschen Meister seiner Zeit zu werden. Dass Telemann im musikalischen Herzen Europäer war und den "vermischten Geschmack" pflegte, also die Allianz von italienischem, deutschem und französischem Stil mit sogar polnischen Eigenheiten würzte, das alles ist in der mitteldeutschen Barocklandschaft wohlbekannt.
Interessanter aus hiesiger Sicht ist deshalb der hanseatische Blick Kleßmanns, der schon einmal über Telemanns Hamburger Zeit von 1721 bis 1767 geschrieben hat und das vorliegende Buch in der renommierten Reihe "Hamburger Köpfe" veröffentlichte. Deutlich wird dabei, dass Telemann in Hamburg nicht nur als Komponist geschätzt wird, sondern zugleich untrennbar mit der Geschichte der Stadt verbunden ist. Nach einem solchen Band sucht man in Magdeburg, natürlicherweise, vergeblich.
Andererseits dominiert genau diese hanseatische, vielleicht auch westdeutsche Sicht Kleßmanns Ansichten zur Telemann-Rezeption über Gebühr: Sein Lamento über die vorgeblich immer noch andauernde Geringschätzung des Meisters kommt zu spät und übergeht obendrein Bemühungen in Magdeburg oder Michaelstein, die bis in die 60er Jahre zurück reichen. Die Feinde, gegen die Telemanns großartige Musik hier verteidigt werden soll, dürften inzwischen längst verstummt sein - während seine Werke weiter klingen.
Eckart Kleßmann: Georg Philipp Telemann, Eller & Richter Verlag Hamburg, 19,95 Euro.