Genialer Wahn von The Mars Volta
Hamburg/dpa. - Wie immer kann man sich auf einen musikalischen Parforceritt gefasst machen. Neben einem neuen Drummer setzten die beiden wieder - und immer noch - auf Chili-Pepper-Guitarrero John Frusciante, der in seinen Soloprojekten nicht minder experimentell agiert.
Also rein ins Vergnügen: Bei The Mars Volta gibt es keine Intros oder einen sanften Einstieg, der erste Track «Aberinkula» geht gleich in die Vollen. Krachende Gitarren, treibendes Schlagzeug und spacige Synthies kombiniert mit den typisch kryptischen Texten, das klingt wie Rocky-Horror im 25. Jahrhundert auf psychoaktiven Wirkstoffen. Da passt es ganz gut, dass die beiden Latino-Amerikaner ihr Album mit einem okkult inspiriertem Onlinegame begleiten - Realität und Wahn liegen doch eh nah beieinander.
Weiter geht es mit «Metatron», unter den Engeln der jüdischen Mythologie als ein großer Vermittler bekannt. Vielleicht hat jener seine heilige Botschaft direkt durch Bixler-Zavalas gechannelt, wenn er von gefalteten Wurmlöchern und dem Auge Fatimas singt. Begleitet werden die mystisch-paranoiden Lyrics auf «The Bedlam In Goliath» von einem durchgängigen Breitwandsound, der ganz bestimmt nichts für Freunde sanfter Melodien oder geradem Pop ist. Dennoch finden sich immer wieder melodiöse Ansätze, wie auf «Ilyena», welches eigentlich fast strukturiert beginnt aber am Ende von akustischen Laserpistolen niedergemetzelt wird.
Aber Ruhe ist sowieso das Letzte, was man von «The Mars Volta» erwarten darf und will. Die musikalische Keule zu schwingen gehört zu ihrem Markenzeichen, am Anfang eines jeden Songs weiß man nie, wo die Reise enden wird. So wie auf «Goliath» welches als Normaltempo-Progrockstück beginnt, um sich wie in einem Fieberwahn immer weiter zu steigern, in dem Schlagzeug und Gitarren wütend gegeneinander brettern und der Gesang sich fast jenseits der hörbaren Frequenzen steigert. Oder das orientalisch angehauchte «Soothsayer», ein Versatzstück aus Hendrixgitarren und Nahostmelodien durchzogen von Vocals, als wären sie unter Wasser geblubbert worden.
Inspiriert wurde «The Bedlam in Goliath» angeblich von einem Ouija-Brett, welches Rodriguez-Lopez in Jerusalem gekauft haben soll. Genauso klingt es auch, nämlich nicht von dieser Welt. Ob sich dem Höher dabei ein Paralleluniversum in der Geisterwelt auftun soll oder sich nur die eigenen Fieber-Phantasien der Protagonisten manifestieren, bleibt offen. Der Faszination und Energie dieser Band tut es aber keinen Abbruch.
(dpa)