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Genialer Gambist Genialer Gambist: Köthen ehrt den Musiker Carl Friedrich Abel

Von kai agthe 05.02.2015, 19:32
Eine Radierung aus London zeigt Carl Friedrich Abel in seinem Todesjahr1787 bei einem Solo mit der Viola da Gamba.
Eine Radierung aus London zeigt Carl Friedrich Abel in seinem Todesjahr1787 bei einem Solo mit der Viola da Gamba. sammlung thomas fritzsch Lizenz

köthen - Um die Bedeutung des Komponisten und Musikers Carl Friedrich Abel zu ermessen, muss man die Musikwissenschaft befragen. Um zu erahnen, dass der 1723 in Köthen geborene Gamben-Virtuose ein bedeutender Künstler gewesen ist, genügt ein Blick in die Kunstgeschichte.

Denn kein Geringerer als Thomas Gainsborough hat den deutschen Musikus zweimal porträtiert: 1765 und 1777. Im 18. Jahrhundert einer der wichtigsten Maler auf der Insel, hat Gainsborough die Reichen, Schönen und Mächtigen gemalt. Wenn er also den Deutschen zweimal konterfeite, dann war auch Abel eine Berühmtheit – unabhängig von dem Umstand, dass der Maler und der Musiker freundschaftlich verbunden waren.

Auf dem frühen Gemälde wird Abel als Gamben-Spieler gezeigt. Auf dem Bild aus den 70er Jahren sieht man ihn, den Gamben-Hals aufs Bein gelegt, im Moment des Komponierens. Abel, den Betrachter mild anlächelnd, beugt sich über den Tisch, unter dem ein weißer Hund ruht.

Laufbahn vorgezeichnet

Abel hatte einen Namen im Londoner Musikbetrieb des 18. Jahrhunderts. Er gilt als einer der letzten großen Gamben-Virtuosen Europas. Ein Instrument, das nach 1800 heimlich, still und leise aus den Konzerthäusern verschwand. Vielleicht, weil es ein Zwitter war, den man bald als entbehrlich betrachtete: Denn die Viola da Gamba ist nicht mehr Violine und noch nicht Violoncello, wohl aber ein Zwischending aus beiden Instrumenten. Es wird, je nach Größe, mit dem Hals nach oben entweder auf den Schoß gestellt oder zwischen die Beine geklemmt. In den letzten Jahrzehnten erlebte die Gambe eine Renaissance - und in bescheidenem Maß auch Abel.

Am Sonnabend wird um 20 Uhr mit einem Konzert in der Köthener Schlosskapelle an Carl Friedrich Abel erinnert und gleichzeitig das Festjahr zu 900 Jahre Köthen eröffnet. Aufgeführt werden jene zehn Gamben-Sonaten, die kurz vor seinem Tod 1787 entstanden und als Abels „Schwanengesang“, das heißt: sein letztes Werk, bezeichnet werden. Die Kompositionen stammen aus dem Nachlass seiner Schülerin Lady Elizabeth Herbert, Countess of Pembroke and Montgomery.

1994 wurden sie von einem Privatsammler bei einer Sotheby’s-Auktion ersteigert. Dank der Freundschaft des Sammlers mit dem in Freyburg an der Unstrut lebenden Gambisten Thomas Fritzsch konnten die Abel-Sonaten während des Leipziger Bach-Festes 2014 ihre Welt-Erstaufführung erleben. Parallel dazu wurden sie auf CD eingespielt.

Die Örtlichkeit für das Konzert mit Thomas Fritzsch, Michael Schönheit (Piano) und Friedhelm Eberle (Rezitation) ist wohl überlegt: Denn in der Köthener Schlosskapelle wurde Carl Friedrich Abel Ende 1723 getauft. Der Eintrag ins Taufregister ist im Rahmen des Konzerts ebenso zu sehen wie das letzte Porträt Abels (Foto links), das wenige Tage nach seinem Tod 1787 in London veröffentlicht wurde.

Restkarten bei der Stadt-Info: 03496 / 70 09 92 60

Die Laufbahn als Gambist war ihm vorgezeichnet. Schon sein Vater Christian Ferdinand wirkte als solcher in der von Johann Sebastian Bach zwischen 1717 und 1723 geleiteten Köthener Hofkapelle. Über den frühen Lebensweg des 1723 in Köthen geborenen Carl Friedrich Abel ist wenig bekannt.

Dass er Schüler der Leipziger Thomas-Schule gewesen sei, ist unbewiesen. Verbürgt hingegen, dass eine Empfehlung Bachs an den Komponisten und Dirigenten Johann Adolph Hasse (1699-1783) Abel die Tür zur Dresdner Hofkapelle öffnete, wo er neun Jahre als Musiker wirkte. Die Auswirkungen des Siebenjährigen Krieges vertrieben den Musiker aus Elbflorenz. Auf Umwegen kam Abel nach London, das im 18. Jahrhundert den Ruf genoss, auch kulturell die Hauptstadt der Welt zu sein.

Wenn also Abel darauf spekuliert haben sollte, als Musiker sein Auskommen an der Themse zu finden, so ging die Rechnung auf. Er gab öffentliche und private Konzerte mit eigenen Kompositionen. Die Ernennung zum Kammermusiker durch Königin Charlotte folgte.

Dass die Monarchin eine geborene Herzogin von Mecklenburg-Strelitz war, mag die Berufung des deutschen Musikers begünstigt haben. Abel, der als Wirtschaftsflüchtling in die Kapitale des Empire gekommen war, wurde nun selbst zu einem Fixpunkt in Londons kulturellem Leben. Als Gamben-Virtuose, aber auch als Komponist von Sinfonien, Ouvertüren, Streichkonzerten und Sonaten.

Veranstalter von Abo-Konzerten

Johann Christian Bach, Bachs jüngster Sohn, kam eigens wegen ihm in die englische Metropole, was 1764 zu den „Bach-Abel-Concerts“, den ersten Abonnementkonzerten, führte. Doch das Glück ist – zumal in der Kunst – nicht von Dauer. Das Konzertunternehmen endete kurze Zeit nach Johann Christian Bachs Tod 1782.

Abel kehrte in die alte Heimat zurück, konnte aber in Deutschland nicht mehr Fuß fassen und ging abermals nach London, wo er, wenn schon nicht als Konzert-Impresario, so doch als Instrumentalist tätig sein konnte. Das war zweifellos ein Abstieg. Abel flüchtete sich in den Alkohol, der für die ärmlichen Verhältnisse, in denen er bis zu seinem Tod 1787, mit 64 Jahren, in London lebte, ursächlich gewesen sein dürfte.

Wie die Gambe, so war auch der Köthener Musiker, der sie so virtuos zu beherrschen wusste, dass sein Name leuchtete wie seine goldene Weste auf dem späten Gainsborough-Gemälde von 1777, für lange Zeit vergessen. Nun aber kehrt Carl Friedrich Abel wieder zurück ins kollektive Bewusstsein – und vorerst für die Dauer eines Konzerts am Sonnabend auch in seine Heimatstadt Köthen. (mz)