Fritz Winter Fritz Winter: Magisches Spiel mit Klang und Licht
Halle/MZ. - Giebichenstein war sein Umfeld. Ein Freundbesorgte ihm einen Unterrichtsauftrag an der"Pädagogischen Akademie", die im Viertel ihrenSitz hatte und einen am Bauhaus orientiertenreformerischen Ansatz verfolgte. Aber selbsterst Mitte 20, erlebte Fritz Winter diesenAufenthalt als ein Fremd- und Isoliertsein,in seinem eigenen Schaffen zugleich vertieftund unerkannt. Die baumbestandenen Straßenim hügeligen Giebichenstein beherbergten indieser Zeit einen Maler, der in seinem Tunvon nichts so wenig angerührt war wie vonLokalkolorit. Winters kreative Energie warnoch ganz erfasst vom Anschub der DessauerBauhaus-Meister.
Dunkel ist die Grundstimmung. Schwarz, tiefrot,dunkelbraun, so entwirft Winter auf seinenLeinwänden ein unergründlich in die Tiefereichendes Universum, eine Ahnung des Unendlichen.Auf dieser Folie entwickelt er abstrakte Formen,die urweltlich amöbenhaft anmuten, wenn sienicht in die Geometrie wechseln, Netze ziehen,ins Kalligraphische springen. Im Farb- undFormenspektrum wirkt deutlich die Erinnerungan Klee nach. Winter aber geht entschlossenin die Abstraktion. Rhythmik und Klang undLicht - das will er sichtbar, wirksam machen.Klees abwechslungsreichen Umgang mit dem Bildträgertreibt Winter zu Experimenten mit der Farbmasse.Er beobachtet so seine Formen in ihrem Schwellenund Aufwölben.
Zu den wohl wichtigsten Schöpfungen der halleschenZeit sind die Hochformate zu zählen, die er"Klang-Bilder" genannt hat, in direkter Auseinandersetzungmit der Beschäftigung mit der Musik in seinemFreundeskreis. Eine Art malerischer Notationwird in ein darunter liegendes Fließen vonFarbe oder Weben von Texturen eingebettet.In der Talstraße hängen diese singulären Bilderfindungeneiner breitformatigen Leinwand gegenüber,die antithetisch zum Ton das Phänomen desLichtes auslotet. In "Blau I" schicken LichtbündelStrahlen in geordneter Formation und allenRichtungen in eine von Formen und Schattendurchpulste Dunkelheit. In einem Werk, dasden zeithistorischen Hintergrund allenfallsin seinen dunklen Stimmungen andeutet, wirkt"Blau I" wie ein unmittelbarer Reflex, übertragenin eine meditative Atmosphäre.
Die schöpferische Ausbeute der zwei kurzenund entbehrungsreichen halleschen Jahre erscheintjedenfalls beachtlich für den Weg, den FritzWinter erst viel später frei gehen konnte.Man betrachtet das Entfalten seiner lebenslangwirksamen malerischen Kräfte. Es ist vielesda, was seine Kunst prägt - das Unergründliche,das Rätselhafte, das Elementare, das Universelle,das Atmosphärische: "Schwingende, transparenteRhythmik, voll kosmischer Hintergründigkeit",wie es sein Freund jener Tage, Hans-FriedrichGeist, beschrieb. Ein künstlerisches Halle-Erlebnisganz eigener Art.
Talstraße 23, bis 9. Dezember. Di-Fr14-19 Uhr, Sa und So bis 17 Uhr. Katalog 30Mark.