Freie Kammerspiele Magdeburg Freie Kammerspiele Magdeburg: Lebensversuche im Vorhof zum Himmel
Magdeburg/MZ. - Wenige Tage vor ihrem Theaterfest am kommenden Wochenende zum Thema "Heaven" präsentierten die Freien Kammerspiele Magdeburg - wieder einmal - eine deutsche Erstaufführung. "Ikarus & Co." beginnt mit dem Absturz von Ralf. Der findet sich wieder an einem Schalter mit eben jener Aufschrift "Heaven". Kein Zweifel: Wir befinden uns im Vorhof zum Himmel.
Dass die Freiheit auch über den Wolken nicht grenzenlos ist, bekommt Ralf sehr schnell zu spüren. Statt sich endlich richtig austoben zu können, muss er erneut durch das Labyrinth seiner Ängste, um den Faden seines Lebensversuchs noch einmal aufzunehmen. Was fast wie eine Story aus Hollywoods Drehbucharchiven klingt, entpuppt sich jedoch schon bald als eine Art interaktiver Videoclip, in den Ralf wahlweise einsteigen kann, um die bisherigen Scharten seines Daseins auszuwetzen.
Für den Schweizer Paul Steinmann, Autor des Jugendstücks, ist Ikarus sowohl Entwicklungsheld als auch Warnfigur. Der Traum vom Fliegen kann misslingen; ja, er muss es sogar - und wenn es sein muss, unzählige Male. Im Fehltritt liegt das Potenzial der Reife. Wer allzu häufig den Warnungen der Älteren folgt, wird nie aus eigener Kraft aus dem eigens erschaffenen Labyrinth herausfinden. Kurz: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Und auch die Kammer-Inszenierung wirft eher ein zwinkerndes Auge auf die Sorgen und Nöte pubertärer Alltagsszenarien. Regisseurin Katka Schroth kann sich ganz auf die Spielfreude ihrer Darsteller verlassen, die wohl schon lange darauf gewartet haben, ihre eigene Jugend noch einmal unbeschwert nacherleben zu können. Zeitgenössische MTV-Konserven unterstreichen einmal mehr den zeitlosen Charakter des Mythos vom jungen Überflieger und sorgen schon mal für pathologische Tendenzen im Wohnzimmer der Erziehungsberechtigten.
Richtig nachgefragt wird dann aber doch nur am Rande. Der Blick zum Himmel lediglich eine Flucht vor den Schwierigkeiten des Lebens? Ganz schön oberflächlich, möchte man meinen, wenn die Zukunft am Ende ein bisschen zu sehr nach Easy-Listening klingt. Wer aber auch in ernsthaften Zeiten einer emotionalen Vogelperspektive etwas abgewinnen kann, den wird "Ikarus & Co." angenehm erfrischen: Der Himmel kann kommen.
Nächste Vorstellung: am Donnerstag, 10.30 Uhr, Studio