Fred Delmare Fred Delmare: Ein kleiner großer Mann wird 80

Leipzig/dpa. - «Ich habe immer Angst, nicht die erwartete Qualität bieten zukönnen», sagt er. Nach dem Krieg stand er im Berliner Hebbel-Theaterund bis 1970 im Leipziger Schauspielhaus auf der Bühne. 1956 gelangdem gelernten Werkzeugschlosser als Marinus van der Lubbe in «DerTeufelskreis» der Durchbruch: Das Publikum liebte ihn, er wurde einganz Großer seiner Zunft in der DDR. Delmare spielte in über 200Filmen etwa neben Manfred Krug, Armin Mueller-Stahl, Wolfgang Kielingoder Liselotte Pulver.
Auch am Theater besaß er einen guten Namen, stand im Mittelpunktund gab auch Taxifahrern, Pförtnern, Polizisten, Kohlenträgern oderdem letzten von Schneewittchens Zwergen ein Gesicht: «Ich habe gernkleine Rollen gespielt, das ist viel schwieriger», bekennt er. SeinZwei-Minuten-Auftritt als Möbelpacker in Egon Günthers «Der Dritte»bleibt ebenso unvergessen wie sein KZ-Buchenwald-Häftling «Pippig» in«Nackt unter Wölfen» oder der Reifen-Saft in «Die Legende von Paulund Paula». Der Pippig gehört zu Delmares Lieblingsrollen.
Die Nähe zu diesen kleinen Leute habe ihn auch vor dem Abhebenbewahrt, als er im Luxus lebte. Bei Besuchen in seiner thüringischenHeimat merkt er, dass er nach wie vor dazu gehört. «Ich könnte nieden Boden verlieren», weiß Delmare. Der gefeierte Kino- und TV-Starder DDR verschwand auch nach der Wende nicht von der Bildfläche,übernahm große und mittlere Rollen in bekannten Fernsehproduktionenwie «Polizeiruf 110», «Schwarz greift ein» oder «Lindenstraße».
Privat verlief sein Leben zwischen Höhen und Tiefen. Dem einstgegenüber Frauen gehemmten Teenager verfielen später «die schönstenFrauen». Vier Ehen gingen trotz Luxus und «goldenem Käfig» im Gutenauseinander, wie Delmare sagt. 1980 schlug das Schicksal erstmals zu:Seine in den Westen geflüchteten Tochter Felicitas nahm sich dasLeben. 1993 erstach sein jüngster Sohn Nici seine damalige Freundin.Der 20-Jährige kam ins Gefängnis.
«Er ist inzwischen wieder draußen, hat sein Abi gut gemacht,arbeitet als Verkäufer.» Ihr Verhältnis sei wieder sehr gut. «Solange ich lebe, werde ich für ihn da sein.» 2000 diagnostiziertenÄrzte bei seiner fünften Frau Renate Brustkrebs, im Oktober 2001starb sein 41-jähriger Sohn Tino an Leberkrebs. Trotz der Ereignisse,die aus seinem Herzen eine Narbe machten, sei er dank seiner Arbeitzufrieden mit dem Leben. «Ich liebe meinen Beruf über alles, er undmein Sport sind das, was mich aufbaut.»
Sein Opa Friedrich in der ARD-Serie «In aller Freundschaft», 1996nur als Intermezzo geplant, wurde zu einer der beliebtestenSerienfiguren im deutschen Fernsehen. «Ich habe mir immer im Lebengewünscht, die Rolle eines Großvaters zu spielen, der die ganzeFamilie zusammenhält», erzählt er. Das Drehteam sei wie eine Familiefür ihn. «Es ist ein wunderschönes Arbeiten». Er gehe froh zurArbeit, weil die Kollegen wirkliche Freunde seien. «Ich freue michauf jeden Tag», bekennt er.
Mit den Kollegen habe er als Opa Friedrich schon vor der Kameraseinen 80. gefeiert, mit einer großen Party, die am Vorabend seineswirklichen Ehrentages ausgestrahlt werde. Ans Aufhören denkt Delmarenicht. «So lange ich noch denken kann, mache ich weiter», verrät derin der Nähe von Leipzig lebende Schauspieler. «Ich bin froh, dass ichhier bin und nicht woanders.» In drehfreien Zeiten verbringt erwöchentlich drei Stunden im Fitness-Studio. «Ich glaube an Bestimmungim Leben, so wie es ist, so musste ich es erleben.»