Franz Ferdinand stürzen sich ins Nachtleben
Hamburg/dpa. - Fast vier Jahre lang haben sie sich Zeit gelassen mit ihrem neuen Album, Franz Ferdinand brauchten nach ihren kometenhaften Aufstieg seit 2004, dem fantastischen Debüt «Franz Ferdinand», das immer noch so großartig klingt, und dem passablen Nachfolger «You Could Have It So Much Better» dringend eine Auszeit.
Burnout nach zuvielen Touren, Gigs und PR-Auftritten. Anfang 2007 rauften sich Alex Kapranos, Nick McCarthy, Paul Thompson und Bob Hardy dann wieder zusammen, in einem verlassenen viktorianischen Rathaus in Glasgow entstanden neue Songs, die bei kleinen Konzerten in Schottland ausprobiert wurden.
Jetzt liegt das Ergebnis vor, «Tonight: Franz Ferdinand» ist sicherlich nicht der ganz große Wurf, aber dennoch eine Platte mit einigen Songs, die perfekt funktionieren und die immer noch die gleiche fiebrige, aber kontrollierte Energie ausstrahlen, die diese Band aus Glasgow weltberühmt gemacht hat. Es ist halt verdammt hart, so coole Knaller wie «Darts Of Pleasure», «Take Me Out» oder «Michael», alle vom ersten Album, zu toppen.
Trotzdem, Franz Ferdinand klingen auch 2009 noch unverwechselbar. Ihr von Punkeinflüssen aufgerauter, ruppiger Neo-Wave war schon immer für die Tanzfläche gemacht, jeder Song muss den Härtetest vor Publikum bestehen. Nichts hassen die Jungs, die früher in der «Glasgow School of Art» ein-und ausgingen, mehr als das Adjektiv «arty». Nein, bloß kein Rock-Kunstgewerbe, Franz Ferdinand machen knallige 3-Minuten-Songs für die Nacht, schon die Bezeichnung «Rockband» ist ihnen ein Graus.
In diesem Sinne beginnt das neue Album vielversprechend, mit dem spukhaften, pulsierenden «Ulysses», fast ein programmatischer Opener. Wie der antike Herumtreiber fanden auch Franz Ferdinand in den letzten Jahren den Weg nach Hause einfach nicht mehr, verdammt zur ewigen Irrfahrt durch Hotels, Konzertbühnen und fremde Städte. Auf dem Video zu «Ulysses» laufen die Jungs ziellos durch die nächtliche Stadt und finden sich in schäbigen Hotelbetten wieder.
Gegen diesen Furor der Heimatlosigkeit fällt «Turn It On» etwas ab, aber «No You Girls» und «Twilight Omens» sind fantastisch, Franz Ferdinand pur, kraftvoll, mit subtilen Tempowechseln. Beim Auftakt zu «Bite Hard» holt das Album zum ersten Mal Luft, später schleichen sich Synthie-Klänge ein.
Das fast achtminütige «Lucid Dreams» ist definitiv redundant, zum Ende dieser Reise durch die Nacht gibt es dann noch zwei Balladen, sehr schön das akustische «Katharine Kiss Me». Und jetzt müssen wir es doch gestehen, etwas mehr Hochkaräter hätten wir von den flamboyanten Franz Ferdinand nach all den Jahren doch erwartet.