Frankfurter Buchmesse Frankfurter Buchmesse: «Literaturpreise sind für Verkaufserfolg immer wichtiger»
Frankfurt/Main/dpa. - Literaturauszeichnungen werden für den Verkaufserfolg von Büchern immer wichtiger. «Der alleingelassene Kunde möchte gerne so etwas wie eine Empfehlung», sagte Prof. Stephan Füssel, Leiter des Instituts für Buchwissenschaft an der Universität Mainz, der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Die Bauchbinde auf dem Buch hilft dabei», meinte Füssel mit dem Hinweis auf die gegenwärtig 90 000 Titel auf dem deutschen Markt. Hinzukomme, dass die Buchhändler in ihren Läden zunehmend auf nur wenige Titel setzten.
Besonders wichtig sind nach der Erfahrung Füssels Auszeichnungen auf dem Kinder- und Jugendbuchmarkt. «Bis zu 70 Prozent aller verkauften Bücher haben eine Auszeichnung erhalten und wurden entsprechend gekennzeichnet.» Erwachsene täten sich auf diesem Markt als Käufer ohnehin schwer. Außerdem sei der Deutsche Kinder- und Jugendbuchpreis inzwischen zu einer «Marke» geworden.
Der Buchwissenschaftler verwies zugleich darauf, dass die Zahl der Auszeichnungen inzwischen fast inflationär sei. «Im deutschsprachigen Raum gibt es mehr Literaturpreise als das Jahr Tage hat.» Offiziell seien 394 Preise bekannt. Angesichts dieser Zahl sei es inzwischen schon zum Problem geworden, genügend gute Preisträger zu finden. Deshalb gebe es regelrechte «Preiskarrieren», sagte der Wissenschaftler. «Wer den Ingeborg-Bachmann-Preis (in Klagenfurt) erhält, kriegt meist auch den Aspekte-Literaturpreis.»
Der Deutsche Buchpreis, der dieses Jahr von einer Kritikerjury zum dritten Mal am Vorabend der Frankfurter Buchmesse vergeben wird, kann nach Ansicht Füssels zu einer «Marke» werden. «Die Konzentration auf die deutschsprachige Gegenwartsliteratur ist ein Vorteil.» Je seriöser es bei einer Literaturauszeichnung zugehe, desto wirkungsvoller sei sie. TV-Glamour wie beim bayerischen Buchpreis Corine sei dagegen schädlich.
Auch der Ingeborg-Bachmann-Preis habe sich in den letzten Jahren zu einer «experimentellen Selbstinszenierung» für die «mediale Vermarktung» entwickelt, kritisierte Füssel. «Wer dort sitzt und sich vor laufender Kamera einen Schnitt in die Stirn macht, der hat dann eben Erfolge.»