Frankfurter Buchmesse Frankfurter Buchmesse: Der Mitteldeutsche Verlag spielt vorne mit

Frankfurt (Main) - Georgien ist nicht größer als Bayern, aber bis Sonntag unübersehbar: als Ehrengast der Frankfurter Buchmesse, dem weltgrößten Treffen der Verlagsbranche. Das wird am Dienstag im Congress Center eröffnet. Es reden die in Hamburg lebende deutsch-georgische Bestsellerautorin Nino Haratischwili, 35, und Aka Mortschiladse, 51, der meistgelesene georgische Schriftsteller der Gegenwart. 2012 erhielt der in London lebende Autor für „Obolé“ den Preis für den besten georgischen Roman.
Mit Mortschiladse steht nicht einfach der prominenteste Autor eines Vier-Millionen-Volkes vor dem Mikrofon, sondern ein Autor des Mitteldeutschen Verlages. Die deutsche Ausgabe des Generationen-Romans, der eine Obolé genannte Steinschlossflinte im Titel trägt, erscheint in Halle. Und es ist nicht der einzige georgische Titel, den das am Steintor ansässige Unternehmen auf den deutschsprachigen Markt trägt.
Georgien ließ insgesamt 150 Werke auf eigene Kosten ins Deutsche übersetzen
Von Anfang an war das Team um den Verleger Roman Pliske ganz vorn dabei, als die Georgier begannen, ihren Buchmesseauftritt in Frankfurt zu planen. Vor drei Jahren, erzählt Pliske, bereiste er mit Kollegen den winzigen Vielvölkerstaat östlich des Schwarzen Meeres. Ein Nationales Buchmessezentrum war eigens gegründet worden, um von der georgischen Hauptstadt Tbilissi aus Übersetzungen aus dem Georgischen zu finanzieren - aus jenem einzigartigen Alphabet der 33 geschwungenen Buchstaben, das bis ins dritte Jahrhundert nach Christus zurückverfolgt werden kann.
Der Mitteldeutsche Verlag zögerte nicht. „Hier war es anders als in England oder Frankreich, wo die Felle seit Jahren verteilt sind“, sagt Pliske. Neben Mortschiladses Geschichts-Roman erscheinen eine „Geschichte Georgiens in 33 Objekten“, verfasst von David Lordkipanidze, Generaldirektor des georgischen Nationalmuseums, ein Band mit georgischer Dokumentarfotografie („Wartezimmer zum Glück“) und unter dem Titel „Paradies am Rande Europas“ Volker Dittrichs Georgien-Impressionen 1992 bis 2017.
Insgesamt 150 Werke ließ das Ländchen, in dem pro Jahr nur 500 Bücher erscheinen - in Deutschland sind es 75.000 -, auf eigene Kosten ins Deutsche übersetzen. Offenbar soll Stefan Zweig korrigiert werden, der über Georgien sagte: „Dass diese uralte Nation, in eine der herrlichsten Landschaften unserer Erdkugel eingepflanzt, uns Europäern beschämend unbekannt ist“.
Bis Sonntag dauert die Buchmesse, die am Wochenende für Privatbesucher öffnet. Trotz steigender Ausstellerzahlen keine einfache Veranstaltung. „Man hört, dass die Einschläge näher kommen“, sagt Roman Pliske und meint das Verschwinden kleinerer Verlage. Viele Gründer sind über 60 Jahre alt und suchen Nachfolger, die sie nicht finden.
Die Händler ziehen sich aus den ländlichen Gebieten zurück. Und der Verlust an Buchkäufern hält an. Ein Beispiel: 8,9 Millionen Menschen, die 2014 und 2015 noch mindestens ein Buch gekauft hatten, gaben dafür 2016 kein Geld mehr aus. Die Verlage sparen. Auch an Geselligkeit. Die größten Messe-Partys richteten bislang die Verlage Rowohlt und S. Fischer aus. Beide Häuser sparen in diesem Jahr das Geld. (mz)