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Frank Schöbel Frank Schöbel: Der Junge mit dem goldenen Herzen

Von Andreas Montag 01.03.2014, 16:48
Frank Schöbel bleibt der ewige Sunny-Boy - auch noch mit 71 Jahren. Seit Freitag ist er mit seinem neuen Album „Sternenzeiten“ auf Tour.
Frank Schöbel bleibt der ewige Sunny-Boy - auch noch mit 71 Jahren. Seit Freitag ist er mit seinem neuen Album „Sternenzeiten“ auf Tour. herbert schulze Lizenz

Halle - Nein, wie ein 71-Jähriger sieht der Mann nicht aus. Als ob ihm die ewige Jugend verliehen wäre. Dabei will er sein Alter gar nicht verleugnen. Freilich fügt es der Zeitgeist, das immer zuerst auf die junge, die nachwachsende Käufergeneration geschaut wird. Aber daneben haben sich die jungen Alten ja längst etabliert. Jene, die so alt wie Mick Jagger, Bob Dylan, Dieter Birr und eben Frank Schöbel sind. Oder noch älter. Und fröhlich radeln, Fußball spielen, Computerkurse besuchen und bei Popkonzerten mit den Füßen wippen. Was macht es schon für einen Unterschied, ob Du im Saal oder auf der Bühne stehst? Es geht hier wie dort um einen Hauch der Ewigkeit.

„Gold in Deinen Augen“

Schöbel also, Frankie-Boy, wie seine Fans ihn nennen. Fröhlich und auf die Minute pünktlich rauscht er in das Café an der Berliner Karl-Marx-Allee, in dem wir verabredet sind. Sehr jugendlich, wie gesagt: Lederjacke, Hebammenkoffer, Pausbacken. Und ein Lockenpuschel wippt in die Stirn. Gleich sind wir im Gespräch, jeder bei einem Glas Ingwertee. Kompliziert gibt’s nicht bei Schöbel, das mag der erste Grund dafür sein, dass sich der geborene Leipziger so frisch gehalten hat. Und seine Stimme annähernd so hell geblieben ist wie damals, als er „Gold in Deinen Augen“ entdeckte und Tausende ihn anhimmelten.

„Man muss gut auf sich aufpassen“, sagt er, „und gut schlafen“. Dann klappt es auch mit der Stimme. Wenn er viel gesungen hat, nicht immer so gut. Oder morgens manchmal. Frank Schöbel redet offen, er ist kein Intellektueller, aber ein reflektierter, gar nicht eitler Mensch, auch wenn er beizeiten in die Rolle des Strahlemanns gestiegen ist, die er nie loswurde und wohl auch nicht loswerden wollte. Schöbel ist der Typ des reizenden Schwerenöters, dem keiner etwas krumm nimmt. Einer, der Freude bringt und das Leben liebt. Dafür lieben ihn seine Fans, seit Jahrzehnten.

Frank Schöbel war einer der wenigen Promis im Osten, der so etwas wie ein öffentliches Privatleben führte - und das ohne Klatschpresse, die es dort ja nicht gab. Es hat tatsächlich funktioniert, allein durch das Fernsehen, durch die Konzerte, den Rest besorgten die Gerüchte - die hoch gehandelte Droge, von der man als gelernter DDR-Bürger abhängig war. Und der wir manchmal ein bisschen nachtrauern. An den Ehen mit den Sängerinnen Chris Doerk und Aurora Lacasa hat die Bevölkerung im Osten lebhaften Anteil genommen, an Schöbels Scheidungen erst recht. Eine Frau aus Halle habe ihm, als eine Trennung ruchbar geworden war, resolut geschrieben, so ginge das nicht. Sie sollten sich gefälligst zusammensetzen, bei einer netten Flasche Wein am besten, dann würde sich das auch wieder einrenken!

Filmkunst war das nicht

Da schüttelt Schöbel lachend den Kopf, Streit und Schmerz liegen lange zurück. Logisch, sagt er, dass es nicht harmonisch zugeht, wenn Menschen auseinandergehen: „Der eine verliert dabei, der andere gewinnt - aber nach einer gewissen Zeit merken sie, dass beide etwas gewonnen haben, ein neues Leben.“ Schön, wenn man sich dann wieder in Freundschaft treffen kann, findet er, „inzwischen feiern Aurora, die Kinder und ich Weihnachten wieder zusammen“. Zwei Töchter, Dominique und Odette, sind aus dieser zweiten Ehe hervorgegangen, mit Chris Doerk, seiner ersten Frau, hat Schöbel einen Sohn. Und auch zu Chris, die ihm bitterböse gewesen war, hat er wieder einen Draht gefunden, sie sind gemeinsam auf Tournee gewesen, was auch marketingmäßig sicher nicht ungeschickt war, denn Chris und Frank galten seit dem federleichten Defastreifen „Heißer Sommer“ aus dem Jahr 1968 als das Traumpaar der DDR. Filmkunst war das nicht, aber ein heiteres, luftiges Stück mit flotter Musik von Gert und Thomas Natschinski, dazu ganz viel Liebe - das war es, wonach das Publikum zwischen Propagandagedöns und Planerfüllungsgetrommel geradezu dürstete.

„Heißer Sommer“ ist ein Hit geworden, an den man sich erinnert. Und weil es so schön war, wird Schöbel fast wehmütig beim Thema Film. Gern würde er noch mal einen drehen, aber er weiß natürlich auch, wie schwer das ist, Traum und Ideen zusammenzubringen. Und schließlich das nötige Geld dafür aufzutreiben. Vielleicht schafft er es ja wirklich, Schöbel ist auch ein zielstrebiger Mensch. Aber ebenso einer, der eigentlich gar keine Zeit hat, um in Ruhe solche Projekte zu planen. Im Moment schon gar nicht, denn seit Freitag ist er wieder unterwegs, um seine neue Platte auf den ostdeutschen Konzertbühnen bekannt zu machen. In Zittau hat die Tournee begonnen, nach Forst in der Lausitz und Dresden steht am 8. März dann Zeitz auf dem Zettel. Chemnitz, Berlin, Zerbst und Leipzig zählen zu den weiteren Stationen, Oststädte durch die Bank. Im Westen ist Schöbel kein Held geworden, obwohl er dort zu DDR-Zeiten durchaus erfolgreich Platten verkauft hat: „Wie ein Stern“ ist auch jenseits der Mauer ein Hit gewesen.

„Sternenzeiten“ heißt die aktuelle Scheibe, Sterne lassen Schöbel nicht los. Dabei ist das Werk durchaus überraschend, so konventionell es beginnt: mit Liebesliedern. Wo Schöbel drauf steht, muss auch Schöbel drin sein. Fast alle Titel hat er selbst komponiert, gelegentlich textet er auch. Aber die Musik geht ihm flinker von der Hand. Die nimmt er zu Hause auf, singt eine Zeile dazu, damit der Texter weiß, welche Ideen Schöbel bei diesem Stück durch den Kopf gegangen sind, tütet das Ganze ein und schickt es dem Autoren.

So ist es dem Sänger lieber. Bekam er früher Texte, etwa vom inzwischen verstorbenen „Eulenspiegel“-Mann Jochen Petersdorf, lag die Tücke im wiederkehrenden, festen Versmaß. Da stieß der Komponist schnell an Grenzen, die Gefahr war groß, dass ein Lied dem anderen ähnelte. Und das will das Publikum dann doch nicht, so sehr die Schöbel-Fans auf Vertrautes setzen - und damit auch bedient werden.

"In schön gespielter Naivität"

An Gefühl und Stimmung hat es der Sänger auch dieses Mal nicht fehlen lassen, aber ein Stück ist dabei, das den neuen Götzen des Bürgertums auf die Schippe nimmt: „Alles ist Bio“, heißt das Lied, „es wird zu Biomüll, wenn’s keiner mehr hören will.“ Witzig ist das, nicht böse. Und trotzdem muss Schöbel nun gewarnt werden: „Sie legen sich da mit starken Mächten an!“ - „So?“, fragt er in schön gespielter Naivität zurück und sächselt plötzlich ein wenig: „Und welche wären das?“

Das Thema liegt ihm ernsthaft am Herzen. Er wundert sich, wie viele Biosiegel es gibt, „da sieht ja keiner mehr durch, ein Siegel würde doch reichen“. Sich natürlich zu ernähren, findet Schöbel ebenso gut wie zum Fußballtraining zu gehen. Die Energiewende auch. Allerdings ärgert es ihn, dass erst die Katastrophe im Atomkraftwerk von Fukushima passieren musste, damit die Politik in Deutschland umzudenken begann. Als ob Tschernobyl nicht gereicht hätte. Wir Menschen, sagt er, „werden immer erst nach dem Schaden klug“.

Auch ein Lied über Zivilcourage findet sich auf dem Album, „Mut zum Mut“ heißt es. Und Schöbel hofft, dass das Publikum das Stück annehmen wird. Manchmal hadert er mit dem Sunnyboy-Image, das freilich ein wesentlicher Baustein seiner Karriere ist. Zum Glück verfügt er über Selbstironie, als Bonusstück gibt es „Die Sprache der Liebe ist leis’“. Im Stil der Düstercombo Rammstein grummelt Schöbel hier mit köstlicher Grabesstimme.

Ob er mal überlegt hat, ins „Dschungelcamp“ von RTL zu ziehen? Das muss er noch beantworten. Gefragt haben sie ihn. Aber er hatte keine Lust auf Würmeressen, „das ist mir zu wenig als Konzept“. Und so nötig hatte er das Geld nicht. Aber angeschaut hat er die Sendung schon. „Es ist wie bei einem Unfall“, sagt er. „Keiner will das sehen, aber alle gucken hin. Das ,Dschungelcamp‘ ist ein großer Unfall!“

Termine
29.03, Zeuthen, "Mehrzweckhalle", 16:00
30.03, Strausberg, "Volkshaus", 18:00
03.04, Berlin, "Freizeitforum", 16:00
04.04, Berlin, "Freizeitforum", 19:30

Frank Schöbel bleibt der ewige Sunny-Boy - auch noch mit 71 Jahren. Seit Freitag ist er mit seinem neuen Album „Sternenzeiten“ auf Tour.
Frank Schöbel bleibt der ewige Sunny-Boy - auch noch mit 71 Jahren. Seit Freitag ist er mit seinem neuen Album „Sternenzeiten“ auf Tour.
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