Frank McCourt Frank McCourt: «Spätzünder» erzählt aus seinem Leben als Lehrer

New York/dpa. - Jetzt meldet sich der«Spätzünder», wie sich McCourt selbst mit gewohntem Spott nennt,wieder zu Wort und erklärt, warum er erst als Pensionär zu einemSchriftsteller wurde.
«Ich habe unterrichtet, das hat mich so lange abgehalten», heißtes in «Tag und Nacht und auch im Sommer», dem dritten Teil seinerMemoiren. Und weiter: «Wenn man täglich fünf Klassen unterrichtet,fünf Tage die Woche, ist es unwahrscheinlich, dass man sich amFeierabend hinsetzt und unsterbliche Prosa schmiedet.»
Wie schon in Band eins über seine unglückliche und von Armutgeprägte Kindheit in Irland gelingt es McCourt erneut, mit Witz,Charme, voll Verzweiflung und einer Herz erwärmenden PortionSelbstironie zu fesseln. «Tag und Nacht und auch im Sommer» ist einvoller Lesegenuss, eine Rückkehr zum Stil seines Erstlings - nach deneher wehleidigen Geschichten über die Ankunft des Immigranten McCourtin seiner Wahlheimat USA: «Ein rundherum tolles Land».
McCourt ist mit Leib und Seele Lehrer. Der unkonventionelle«Teacher Man», so der Originaltitel, versucht seine Schüler mit allenRegeln der Kunst für Grammatik und das Aufsatzschreiben zu gewinnen.Dabei wird klar, dass er schon lange vor dem Bestseller ein Forum fürseine Berichte über das Leben in Irland, die Historie und die Mythendes Landes gefunden hatte. Mit diesen Erzählungen macht sich McCourtzum Liebling der Schülerschaften und zum Neid der Lehrerkollegen, dieseine voll belegten Klassen mit der Attraktion eines Fußballstadiumsvergleichen.
Allerdings fällt ihm der Erfolg nicht in den Schoß. «Am ersten Tagmeiner Lehrerlaufbahn wäre ich fast entlassen worden, weil ich dasPausenbrot eines Schülers aufaß. Am zweiten Tag wäre ich fastentlassen worden, weil ich von der Möglichkeit sprach, mit einemSchaf befreundet zu sein. Sonst war nichts Bemerkenswertes an meinendreißig Jahren in den High-School-Klassenzimmern von New York City»,beginnt er sein Buch.
Dem holprigen Start folgen wenigstens 33 000 Englischklassen füretwa 12 000 junge Menschen in New Yorker High Schools, zählt McCourtvor. Sein Buch reiht Geschichte an Geschichte über die kleinenTriumphe und großen Pannen als Pauker, über die raffinierten Tricksder Schüler und seinen ständigen Kampf mit Rektoren und anderenAutoritäten des Schulsystems. Am Ende nimmt er sich den Rat seinerjungen Gefolgschaft zu Herzen. Es ist der letzte Tag im Alltag desLehrers McCourt, als «jemand mir nachruft, he, Mr. McCourt, Siesollten ein Buch schreiben». «Ich probier's», verspricht er auf derletzten Seite und schließt mit diesen Worten.
Frank McCourt: Tag und Nacht und auch im Sommer
>Aus dem Amerikanischen von Rudolf Hermstein
Luchterhand, München
336 S., Euro 19,95
ISBN N-10: 3-630-87239-5 und
ISBN N-13: 978-3-630-87239-1