Fledermaus stoppt Brückenbau in Dresden
Dresden/dpa. - Der Schutz einer seltenen Fledermausart hat den Baubeginn für die umstrittene Waldschlösschenbrücke durch das UNESCO-Welterbe Dresdner Elbtal vorerst gestoppt. Das Dresdner Verwaltungsgericht sieht die Belange der vom Aussterben bedrohten Kleinen Hufeisennase bei der Brückenplanung nicht ausreichend berücksichtigt.
Das Gericht gab damit einem Antrag mehrerer Naturschutzverbände statt, die durch den Brückenbau den Lebensraum der Fledermausart im Elbtal für gefährdet halten. Damit ist der UNESCO-Welterbe-Titel für die rund 20 Kilometer lange Flusslandschaft zwar nicht gerettet. Politiker sehen in dem Gerichtsbeschluss aber mehrheitlich Chancen für einen Kompromiss zum Erhalt des Welterbe-Titels.
Es müssten strengere Maßstäbe an naturschutzrechtliche Prüfungen im Planfeststellungsverfahren gelegt werden, teilte das Gericht zur Begründung mit. Es berief sich auf eine entsprechende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Januar 2007 zur Westumfahrung von Halle. Dabei geht es um die Beachtung geänderter Bestimmungen zum Naturschutz in Europa. Binnen zwei Wochen kann gegen die Entscheidung des Gerichtes Beschwerde beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht Bautzen erhoben werden, hieß es.
Nach jahrelangem Streit sollte der Brückenbau im UNESCO-Welterbe Dresdner Elbtal ursprünglich am kommenden Montag beginnen. Wegen des Bauprojekts hatte das UNESCO-Welterbe-Komitee die Flusslandschaft 2006 auf die Rote Liste der gefährdeten Stätten gesetzt. Das Gremium stellte Deutschland erst Ende Juni eine letztes Ultimatum bis zum 1. Oktober für die Vorlage von Alternativen zur Waldschlösschenbrücke. Wird die Brücke wie bislang geplant gebaut, wird der Welterbe-Titel aberkannt. In einem Bürgerentscheid hatten sich die Dresdner mehrheitlich für die Brücke ausgesprochen.
«In Respekt vor dem Bürgerentscheid sollte eine Verkehrslösung gefunden werden, die dem Charakter der wunderbaren Schönheit des oberen Elbtals und damit dem Weltkulturerbetitel gerecht wird und zugleich die Verkehrsbedürfnisse der Stadt Dresden angemessen berücksichtigt», sagte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) der «Sächsischen Zeitung». In der selben Ausgabe sprach Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) von einer «neuen Chance zum Finden einer Kompromisslösung zum Erhalt des Weltkulturerbestatus für Dresden».
«Ich bitte geradezu flehentlich den sächsischen Ministerpräsidenten Milbradt, sich nun endlich an einer solchen Kompromisssuche zu beteiligen», sagte Thierse. Die Stadt Dresden und das Land Sachsen würden zudem von der Peinlichkeit befreit, ausgerechnet am 13. August, dem Tag des Mauerbaus, mit einem Bauwerk aus Beton zu beginnen. «Jedem Ostdeutschen und jedem geschichtsbewussten Deutschen fällt an diesem Tage natürlich ein ganz anderes Bauwerk ein.»
Für Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) ist der Baustopp eine überraschende Entscheidung. «Das Regierungspräsidium wird nun den Beschluss genau prüfen und alle erforderlichen rechtlichen Schritte einleiten», sagte er. Die Behörde will im Lauf der nächsten Woche über eine eventuelle Beschwerde gegen die Entscheidung am Oberverwaltungsgericht befinden. «Wir analysieren noch den Text des Gerichts», sagte Sprecher Holm Felber. Über die dreijährige Bindungsfrist des Bürgerentscheids pro Brücke vom 27. Februar 2005 sei noch nicht nachzudenken, sagte er. «Wenn sie ausläuft, gibt es sowieso neue politische Diskussionen.» Ein Verfahren durch mehrere Instanzen könnte noch zwei bis drei Jahre dauern, erklärte Klägeranwalt Peter Kremer.