Das Lego des Ostens Firma Pebe aus Bad Kösen: Das Lego des Ostens
Bad Kösen - Die Steckbausteine der Firma Pebe dürfte in der DDR jedes Kind zwischen Arkona und Zwickau gekannt und besessen, wenn auch nicht immer innig geliebt haben.
Weniger bekannt hingegen ist, dass das Unternehmen seine Spielzeuge in Bad Kösen produzierte, von wo aus einst auch Käthe Kruse mit ihren Puppen die Kinderzimmer der besserverdienenden Schichten eroberte.
Dass das Kürzel „Pebe“ für das Unternehmen wie bei Lego aus zwei Silben besteht, mag noch Zufall sein. Dass man in der Kurstadt Anfang der 1960er Jahre Steckbausteine verschiedener Formen und Farben herzustellen begann hingegen nicht.
Das Vorbild für das Spielzeug-System aus Kösen war natürlich Lego aus dem dänischen Billund. 1932 gegründet, ist Lego nach eigenen Angaben heute der größte Spielzeughersteller der Welt.
Pebe hingegen konnte sich nach der Wende nicht am Markt behaupten. Nach vielen Höhen und Tiefen fand die Herstellung von Pebe-Bausteinen 2005 ein Ende.
Pebe aus Bad Kösen: Plagiatsvorwürfe von Lego aus Dänemark
Das hatte Ursachen, die in die Jahre vor 1989 zurückgehen und mit dem Konkurrenten aus Dänemark zusammenhängen. Schon zu DDR-Zeiten versuchte die Kösener Firma, ihre Steckbausteine im Westen anzubieten. Doch diese Versuche wurden von Lego juristisch sofort unterbunden.
Da die DDR zwar D-Mark verdienen, aber nicht vor westdeutsche Gerichte gezerrt werden wollte, beließ man es dabei, Pebe-Bausteine für den einheimischen und den osteuropäischen Markt herzustellen. Tisch- und Geschicklichkeitsspiele aus Kunststoff hingegen exportierte die Firma auch nach Westeuropa.
Die faszinierende Geschichte des Spielzeugherstellers erzählt nun die Ausstellung „Pebe – Bausteine aus Bad Kösen“ im Romanischen Haus der Kurstadt, für die Jörg Haesler vom Pebe-Archiv aus Weimar viele Exponate zur Verfügung stellte und zu der Siegfried Wagner und Tobias Strehle vom Stadtmuseum Naumburg die Geschichte des Unternehmens in Wort und Bild vorzüglich aufbereiteten, die auch in einem Begleitheft nachzulesen ist.
Eingegangen sind hier wie dort auch Erinnerungsberichte von ehemaligen Pebe-Beschäftigten.
Pebe steht zunächst als Kürzel für die Anfangsbuchstaben des Namens Paul Bernhardt (1882-1967). Der aus dem Erzgebirge stammende Ingenieur kam über das Saarland 1937 nach Leipzig, wo er ein Ingenieur- und Konstruktionsbüro führte, das unter anderem für die Junkers-Werke in Dessau und die chemischen Werke Buna tätig war.
Da Bernhardts Tätigkeit als kriegswichtig galt, hatte das Ingenieurbüro 1944, als der Bombenkrieg auch die Messestadt erreichte, nach Bad Kösen umzuziehen. Dort blieb es nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, wo man in der Berbigstraße auch mit der Herstellung mit Kunststoffprodukten begann, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Stempelkissen, Lockenwickler und Filmpatronen für den VEB Filmfabrik Wolfen.
Soweit sich sehen lässt, verdankt sich die Herstellung von Kunststoffspielzeug eher einem Zufall. In den 1950er Jahren erwarb Paul Bernhardt erst zwei Spritzgießmaschinen und überlegte dann, welche Produkte er damit herstellen könne.
Und so verfiel er auf Steckbausteine, die gerade in westlichen Kinderzimmern Einzug hielten, aber in der DDR nicht zu kaufen waren. 1958 erschienen die ersten Baukästen unter dem Namen „Pebe“, die das Lego-System exakt kopierten, was, wie oben angedeutet, wiederholt zu Unterlassungsklagen durch den dänischen Hersteller führte, wenn Pebe versuchte, seine Produkte auf dem westeuropäischen Markt anzubieten.
Sowohl das Acht-Millimeter- als auch das Fünf-Millimeter-Bausteinsystem von Lego wurde von Pebe detailliert nachgebildet. Auf dem Letztgenannten basierte die insgesamt 15 Modelle umfassende Serie „Mini-Autos“, die, zwischen 1972 und 1978 produziert, die beliebteste Pebe-Reihe war.
Ostdeutsches Lego mit der Eigen-Entwicklung „Pebe 2000“
Im Jahr 1972 verstaatlicht, firmierte das gut 100 Mitarbeiter zählende Unternehmen fortan als VEB Plastica, wurde aber weiterhin von Paul Bernhardts Tochter Ilse geleitet.
Einen Tiefpunkt erlebte Pebe mit der Übernahme durch das Kombinat Chemie und Plasteverarbeitung Halle: Inkompetenz der neuen Geschäftsführung, fehlende Innovationen und mangelnde Qualität der Bausteine aufgrund verschlissener Maschinen sorgten für einen Rückgang des Absatzes.
Mit dem selbst entwickelten Baustein-System „Pebe 2000“ wollte man sowohl das Image verbessern als auch auf dem westeuropäischen Markt Fuß fassen. 1985 auf der Leipziger Frühjahrsmesse vorgestellt, wurde die Palette an „Pebe 2000“-Kästen in den 1990er Jahren kontinuierlich erweitert.
Dennoch musste 1996 ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden. Versuche, nach der Jahrtausendwende die Marke „Pebe“ zu beleben, misslangen. Auch und vor allem, weil Konkurrent Lego buchstäblich keine Lücke am Baustein-Markt ließ. (mz)
„Pebe – Bausteine aus Bad Kösen“, Romanisches Haus Bad Kösen, bis 6. November, Di-So 10-17 Uhr. Das Begleitheft kostet 2,50 Euro.