Finanzkrise bei "Hart aber fair" Finanzkrise bei "Hart aber fair": Im Ersten hat die Krise keine Betroffenen

Köln - Bei enger Auslegung der Fragestellung hätte „Hart aber fair“ am Montagabend eine der kürzesten Sendungen der Fernsehgeschichte werden können. „Minizinsen und Wackeleuro – macht uns die Krise arm?“ fragte Moderator Frank Plasberg in seine Talkrunde. Ihm gegenüber saßen drei etablierte Berufspolitiker, eine gefragte Moderatorin und der Chef des Bundesverbands deutscher Banken. Die Antwort also ein klares Nein: Keiner seiner Gesprächspartner ist durch die Folgen der Finanzkrise von Armut bedroht - Plasberg selbst auch nicht.
Alle, die wirklich bedroht sein könnten, traten in der Sendung nur als Randnotiz in Erscheinung. Kein jüngerer Sparer kam zu Wort, kein Anleger-Anwalt, nicht mal ein Verbraucherschützer. Und so führten die Anwesenden erst einmal auf der Ebene ihre verbalen Scharmützel, wo die meisten von ihnen zuhause sind: Im politischen Feld. Das bot skurrile Momente, als zum Beispiel AfD-Chef Bernd Lucke den Goldhandel seiner Partei bewerben durfte: „Günstiger als bei den Banken“. Plasberg titulierte Luckes Partei dafür analog zur Gardinen-Werbung als „Die mit dem Goldhandel“ - selten dürfte grenzwertige Parteien-Finanzierung besser verkauft worden sein.
Über die Finanz-, Schulden- und Eurokrise erfuhr man auch immer wieder etwas. Aber schnell stellte sich heraus, dass sehr komplexe Themen selten für Talkshows geeignet sind, trotz eines um klare Linie bemühten Moderators. So suchte und fand Lucke die Quelle des Übels beim Euro, CDU-Finanzfachmann Ralph Brinkhaus forderte Strukturreformen von kriselnden Euro-Ländern, SPD-Vize Ralf Stegner plädierte für Investitionen mit Augenmaß statt hartnäckigem Sparen, und Bankenverbands-Chef Michael Kemmer parierte recht lässig die sporadischen Angriffe gegen die Finanzbranche. Alles altbekannte Positionen, die auch durch diverse Pöbel-Versuche Stegners vor allem gegen Lucke und auch den eigenen Koalitionspartner Brinkhaus nicht tiefgründiger wurden.
Börsenqueen als Anwältin der Sparer
Vom üblichen Schema wich nur Anja Kohl ab. Die ARD-Börsenexpertin engagierte sich als emotionale Anwältin der Altersvorsorgesparer. Dass sie so tat, als müssten diese ausgerechnet auf ihrem Arbeitsplatz, dem Börsenparkett, komplett außen vor bleiben, ist zwar Unsinn – es blieb aber unwidersprochen. Leider stellte Kohl nach einem finalen Aufbegehren nach zwei Dritteln der Sendung ihre weitere Mitwirkung weitgehend ein.
So verblieb es dem langjährigen „Finanztest-“ und heutigen „Finanztip“-Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen, zuschauenden Sparern ein paar konkrete Hilfestellungen an die Hand zu geben. Dies meisterte er zwar mangels verbleibender Sendezeit im Stakkato, aber gewohnt souverän – eine Bereicherung. Für die Sendung als ganzes gilt dies leider nur eingeschränkt.