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Film Film: Von Trotta holt vergessene Geschichte ans Licht

Von Elke Vogel 21.08.2003, 13:14
Die deutschen Schauspieler Jürgen Vogel (l), Maria Schrader (2.v.l), Katja Riemann (2.v.r) sowie Martin Feifel nehmen die Regisseurin und Drehbuchautorin Margarethe von Trotta am 16.10.2002 in Hamburg in ihre Mitte, Archivbild. Vor Beginn der Filmfestspiele in Venedig hat die deutsche Regisseurin Margarethe von Trotta auf das lange Zustandekommen ihres Wettbewerbsbeitrages "Rosenstrasse" hingewiesen. (Foto: dpa)
Die deutschen Schauspieler Jürgen Vogel (l), Maria Schrader (2.v.l), Katja Riemann (2.v.r) sowie Martin Feifel nehmen die Regisseurin und Drehbuchautorin Margarethe von Trotta am 16.10.2002 in Hamburg in ihre Mitte, Archivbild. Vor Beginn der Filmfestspiele in Venedig hat die deutsche Regisseurin Margarethe von Trotta auf das lange Zustandekommen ihres Wettbewerbsbeitrages "Rosenstrasse" hingewiesen. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Der Streifen läuft als einziger deutscher Beitrag im Wettbewerbder Filmfestspiele in Venedig (27.8.-6.9.) und kommt am 18. Septemberin die Kinos.

Im Frühjahr 1943 versammeln sich Frauen in der Rosenstraße inBerlin-Mitte, um gegen die Deportation ihrer jüdischen Ehemänner inKonzentrationslager zu protestieren. Dem friedlichen Widerstandgegen die Nazis schließen sich Hunderte Frauen an, jüdische wienicht-jüdische.

   Immer wieder schwenkt die Kamera über die Gesichter der Frauen,die tagelang in der Rosenstraße ausharren. Es sind graue,eingefallene Gesichter, die von tiefen Sorgenfalten durchfurchtsind. Ihre dünnen, abgeschabten Mäntel schützen die Frauen nur wenigvor der Kälte.

   Unter ihnen ist auch Lena (Katja Riemann), die als «arische» Frauum ihren jüdischen Ehemann bangt. Trotz ihres eigenen Leids hat siesich der kleinen Ruth angenommen, deren Mutter von den Nazisgefangen gehalten wird. In ihrer Verzweiflung klammern sich dieBeiden an das letzte, was sie haben: die Hoffnung.

   «Ich will meinen Mann wiederhaben!», ruft eine Frau, noch mitverhaltener Stimme, den Nazi-Bewachern zu. Mehr und mehr Frauenschließen sich ihrer Forderung an, bis die Gruppe lautstark schreit:«Wir wollen unsere Männer wiederhaben!»

   «Erst aus der Kraft der Vielen wird dann diese Art derDemonstration», sagt von Trotta. «Jede Frau geht für sich und ihreLiebe dort hin.» Erst allmählich gehe der Ruf vom «ich» zum «wir»über. Schließlich geschieht das Unglaubliche: die im ehemaligenWohlfahrtsamt der jüdischen Gemeinde inhaftierten Angehörigen derFrauen kommen frei. Die Gestapo holt sogar einige bereits nachAuschwitz abtransportierte Gefangene wieder zurück und entlässt siein die Freiheit.

   Von Trotta will jedoch mehr, als historische Faktennachzuerzählen. Ihr Film zeigt Menschen, die bedingungslos liebenund bereit sind, für diese Liebe alles zu tun. Trotta erzählt diedramatische Geschichte mit Rückblenden aus Sicht der im heutigen NewYork lebenden Hannah (Maria Schrader) und ihrer an der Vergangenheitleidenden Mutter Ruth (Jutta Lampe).

   Hannah begibt sich auf Spurensuche nach Berlin. Dort trifft siedie inzwischen alt gewordene Lena, die ihr von der Ereignissen inder Rosenstraße erzählt, in deren Verlauf sie nicht nur ihremEhemann, sondern auch der kleinen Ruth das Leben rettete.

   Anfangs blitzt die Erinnerung bei den Hauptfiguren nur zögerlichauf, dann werden die in einem speziellen blau-grauen Farbtongedrehten Erlebnisse aus den 40-er Jahren immer intensiver undschmerzhafter. Auch den Ton habe sie in den Passagen, die in derVergangenheit spielen, bewusst als «erinnerten Ton» gedreht, dersich von den Geräuschen der Gegenwart unterscheidet, sagt Trotta.

   Die vielschichtigen Rückblicke und wechselnden Perspektiven desmit 135 Minuten sehr langen Films machen es dem Zuschauer manchmalnicht leicht, der Geschichte zu folgen. Auch der Spagat zwischenhistorischer Genauigkeit und spannender Handlung macht die Erzählungetwas sperrig.

   Gedreht wurde unter anderem in der Straße im Studio Potsdam-Babelsberg, in der auch weite Teile von Roman Polanskis Film «DerPianist» entstanden. Der Budgetunterschied ist allerdings eklatant:«Der Pianist» verschlang nach Angaben der Regisseurin 36 MillionenEuro, «Rosenstraße» musste mit 6 Millionen Euro auskommen. «Da istes nicht zu schaffen, das alles so perfekt ist», meint von Trotta.

   Unter Historikern ist umstritten, ob die inhaftierten Judenausschließlich auf Druck der Straße freigekommen sind odertatsächlich zu diesem Zeitpunkt gar nicht deportiert, sondern zuArbeitsdiensten in Berlin herangezogen werden sollten. «Selbst wennes so gewesen wäre, macht es für die Geschichte keinen Unterschied»,sagt von Trotta. «Denn es geht um die Frauen, die trotz ihrer Angstden Mut hatten, zu protestieren.»