1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Film: Film: «Sehnsuchtsort» Babelsberg

Film Film: «Sehnsuchtsort» Babelsberg

Von Thomas Kunze 04.11.2004, 08:03
In einem Bild-Schneideraum der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" im Medienpark Potsdam-Babelsberg arbeitet am 24.02.2004 ein Student. Die traditionsreiche Bildungseinrichtung begeht in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Seit 1982 trägt sie den Namen des 1982 gestorbenen DEFA-Regisseurs Konrad Wolf ("Ich war Neunzehn"). Heute bilden etwa 80 Lehrkräfte in zehn Sparten von Kamera bis Schauspiel aus. Auf 80 bis 100 Studienplätze in jedem Semester kommen bis zu 1.300 Bewerbungen aus dem gesamten Bundesgebiet und dem Ausland. (Foto: dpa)
In einem Bild-Schneideraum der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" im Medienpark Potsdam-Babelsberg arbeitet am 24.02.2004 ein Student. Die traditionsreiche Bildungseinrichtung begeht in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Seit 1982 trägt sie den Namen des 1982 gestorbenen DEFA-Regisseurs Konrad Wolf ("Ich war Neunzehn"). Heute bilden etwa 80 Lehrkräfte in zehn Sparten von Kamera bis Schauspiel aus. Auf 80 bis 100 Studienplätze in jedem Semester kommen bis zu 1.300 Bewerbungen aus dem gesamten Bundesgebiet und dem Ausland. (Foto: dpa) dpa

Potsdam/dpa. - Ostdeutschland liegt noch in Trümmern, als dieDDR-Regierung im Oktober 1954 die Gründung einer Filmhochschule inPotsdam beschließt. Bereits im November beziehen die ersten Studentenund Lehrer das dafür notdürftig hergerichtete Babelsberger Schloss.Augenzeugen zufolge müssen die Umstände damals abenteuerlich gewesensein. Der neuen «Deutschen Hochschule für Filmkunst» fehlte es anallem, auch an Kameras und Schneidetischen, anfangs sogar an einemregulären Lehrplan. Dafür herrschte eine ungeheure Aufbruchstimmung.

Die heutige Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) in Potsdam-Babelsberg, älteste und größte unter den fünf deutschenMedienhochschulen, feiert an diesem Freitag (5. November) ihr 50-jähriges Bestehen. Auf dem Festakt spricht neben anderenKulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos).

Der Regisseur Winfried Junge erzählt, wie er sich zufällig 1954als 19-Jähriger in Berlin bei der Filmgesellschaft Defa nach Arbeiterkundigte und zum Kulturministerium, Hauptverwaltung Film,weitergereicht wurde. «Schön, Sie zu sehen», sagte man da, «wirwollen nämlich gerade eine Filmhochschule gründen.» So gehörte Jungeim Herbst zu den ersten Eleven der neuen Hochschule. Er studierte bis1959, ging zum Dokumentarfilm und ist heute durch dasLangzeitfilmprojekt «Die Kinder von Golzow» bekannt. DerGründungsrektor, der Regisseur Kurt Maetzig («Ehe im Schatten»),wurde direkt von Dreharbeiten auf den Posten geholt.

Bei der Gründung hatte die HFF fünf Studiengänge: Regie, Kamera,Dramaturgie, Filmwissenschaft und Produktion; ein Jahr später gehörtenoch Schauspiel dazu. Per Erlass des SED-Politbüros wurde 1967 auchdie Ausbildung für das Fernsehen dort angesiedelt. Zugleich erfolgtedie Umbenennung in «Hochschule für Film und Fernsehen der DeutschenDemokratischen Republik». Seit 1985 trägt die HFF den Namen des 1982gestorbenen Defa-Regisseurs Konrad Wolf («Ich war neunzehn»).

Mehr oder weniger standen die Mitarbeiter und Studenten währendder gesamten DDR-Zeit unter starkem politischem Druck. Dennoch wardie Hochschule für junge Leute ein «Sehnsuchtsort», wie es einer derdamaligen Absolventen in dem RBB-Streifen «Ein bisschen Luft unterdie Flügel...» formuliert. Neben politischer Anpassung wurde dortauch Widerstand gegen die immer wieder versuchte totale Vereinnahmungdurch die SED geleistet. Couragierte Dozenten setzten sich auch fürunbequeme Studenten und Filme ein.

Die Absolventenliste liest sich wie ein Who's Who des DDR-Films.Defa-Regisseure wie Heiner Carow («Die Legende von Paul und Paula»)und Lothar Warnecke («Einer trage des anderen Last») oderSchauspieler wie Jutta Wachowiak, Carmen Maja Antoni und JaeckiSchwarz lernten dort.

«Wir hatten uns hier eine Insel geschaffen und versuchten, dieAusbildung so weltoffen wie möglich zu gestalten», sagt PDS-ChefLothar Bisky, von 1986 bis zur Wende HFF-Rektor. Selbstverständlichhätten die Werke der internationalen Filmkunst - egal, ob Ost oderWest - auf dem Lehrplan gestanden. Politische Gängelung sei immerwieder versucht worden, «aber ich habe mir nicht reinreden lassen»,meint Bisky verschmitzt. Der Unterricht, der akademischeFilmtradition mit praktischer Professionalität verband, sei durchausauf der Höhe der Zeit gewesen. Das zeigten Absolventen wie AndreasDresen («Halbe Treppe»), die sich auch nach der Wende auf demFilmmarkt durchsetzten.

Heute bilden in dem gläsernen HFF-Bau neben dem traditionsreichenBabelsberger Filmgelände etwa 80 Lehrkräfte in elf Sparten von Kameraüber Produktion und Dramaturgie bis Schauspiel aus. Für die bis zu100 Studienplätze in jedem Semester bewerben sich jeweils mehr alszehn Mal so viele Interessenten aus dem In- und Ausland.