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Film Film: Handgemalte Leinwandhelden sterben aus

Von Ansgar Haase 01.01.2007, 13:16
Der Chef der Firma Werner-Werbung, Michael Werner, in seiner Werkstatt in Berlin bei der Arbeit an einem Frauenkopf für eine Außenwerbung. (Foto: dpa)
Der Chef der Firma Werner-Werbung, Michael Werner, in seiner Werkstatt in Berlin bei der Arbeit an einem Frauenkopf für eine Außenwerbung. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Berlin/dpa. - Als «Rambo»,«Rocky» und «Terminator» lockten die Superstars das Kinopublikum inMassen vor die Leinwände. Mit jedem neuen Film klingelten auch beiWerner die Kassen. An zahllosen Berliner Lichtspielhäusern hingendamals bis zu 100 Quadratmeter große Kinoplakate - handgemalt von denzwei Dutzend Angestellten des 55-Jährigen. Dann setzte Ende der 90erJahre das Kinosterben ein.

Heute, keine zehn Jahre später, kann Werner gerade noch zweiMitarbeitern Arbeit geben. Die älteste und einzige Kinoplakatmalereider Hauptstadt kämpft wie die wenigen anderen im Land ums Überleben.Im Juni 2006 hat Michael Werner drei Wochen Urlaub gemacht -unfreiwillig. Schuld war der inzwischen preisgekrönte deutsche Film«Das Leben der Anderen» (Regie: Florian Henckel von Donnersmarck),der wochenlang die Leinwände und damit auch die Werbeflächenblockierte.

«Es sind nicht mehr viele Kinos übrig geblieben, die sich von unsihre Großflächen malen lassen. Und wenn dann ein Film besonders gutläuft, bedeutet das, dass die Aufträge ausbleiben», sagt Werner. «Wasdie Filmwirtschaft freut, ist für uns Höchststrafe.» 1996 übernahmMichael Werner die Firma von seinem Vater. Dieser hatte sie am 1.September 1945 gegründet. «In guten Zeiten haben wir 80 Flächen proMonat gemalt, heute sind es noch acht», sagt Werner. Geblieben sindihm nur Kunden wie das Kino International oder der Zoo Palast. Vieleandere Lichtspielhäuser haben Pleite gemacht oder lassen sich ihrePlakate drucken. Was früher technisch schlicht unmöglich war, istheute ein Kinderspiel und meist sogar günstiger.

Im Vergleich zu Kinoplakatmalereien in anderen Städten haben esMichael Werner und seine zwei Mitarbeiter aber noch relativ gut. InHamburg können die zwei verbliebenen Vertreter ihrer Zunft gerade malnoch eine Leinwand bestücken. Lediglich in München gibt es noch vierKinos, die ebenfalls auf echte Handarbeit setzen. In der DresdnerSchauburg endete die Zeit der gemalten Plakate 2005. In der EssenerLichtburg, Deutschlands größtem Filmpalast, kann man sich nichteinmal mehr an sie erinnern.

Zu den wenigen, die Werner und seinen Kollegen in Hamburg undMünchen die Stange halten, gehört Georg Kloster. «Die Plastikplakatesind für mich zu kalt, sie werfen Falten und sie sehen billig aus»,sagt der Geschäftsführer der Berliner Yorck-Kino-Gruppe. Vier seinerLichtspielhäuser, darunter das denkmalgeschützte Kino International,lässt er noch mit den handgemalten Plakaten aus Werners Werkstattausstatten. «Echte Farbe auf echter Leinwand - das hat einfach mehrCharakter, mehr Charme», sagt Kloster.

Einer, der sie alle gemalt hat, heißt Götz Valien. Er ist derletzte verbliebene Maler im Betrieb von Michael Werner und gehört mitdem Münchner Rene Birkner zu denen, die am längsten im Geschäft sind.Mehr als 1000 Kinohelden hat er auf Leinwand gebannt - zuletzt unteranderen Penélope Cruz («Volver»). «Teilweise flaniere ich beim Malenin Gedanken schon durch die Filme», erzählt der 46-jährigeÖsterreicher über seine Arbeit. Mit einem Projektor wirft er zunächstdas Original-Filmplakat auf die riesigen Leinwandteile. Mit Kreidewerden anschließend die Umrisse aufgetragen. Erst danach greiftValien zu Farbe, Pinsel und Sprühpistole.

Die genaue Zahl der noch verbliebenen Kinoplakatmaler inDeutschland kennen nicht einmal Branchenexperten. «Da bin ichüberfragt», gesteht die Geschäftsführerin der ArbeitsgemeinschaftKino - Gilde Deutscher Filmkunsttheater, Eva Matlok. «Das ist einBeruf, der stirbt leider aus.»