Film Film: Abschied von Golzow

Halle/MZ. - Aus den Kindern wurden Leute, die einen Beruf ergriffen, eine Familie gründeten und die schließlich, je nach Einstellung, befriedigt oder befremdet erleben mussten, wie ihr Staat vor die Hunde ging. Kaum ein Einschnitt im Lebenslauf hat sich derart nachhaltig ausgewirkt wie die Wende: Arbeitsplätze wurden abgebaut und Beziehungen beendet, Wurzeln wurden gekappt. Gestorben sind sie noch nicht, die Kinder von Golzow, aber kleine Tode waren schon dabei.
Die jüngste Dokumentation Junges ist zugleich Resümee: Sie markiert nach vier Jahrzehnten Langzeitbeobachtung wohl den Abschluss der Golzow-Saga. Das Projekt ist weltweit einmalig und als älteste Chronik der Filmgeschichte zweifelsohne aller Ehren wert. Die Frage ist bloß: Wer soll sich das antun? Immerhin dauert der Film stolze 278 Minuten. Tatsächlich entwickeln die Porträts zunächst so viel Charme wie das Familienalbum eines völlig Fremden. Aber dann will man doch wissen, wie's weitergeht, und schon ist man mittendrin: weil die Kinder aus Golzow dann eben keine Fremde mehr sind.
Der wahre Wert des Mammutprojekts liegt in der soziologischen Dimension, denn natürlich erzählt Junge auch die Geschichte eines Landes; seines Landes. Als er im vergangenen Jahr zum letzten Mal nach Golzow fuhr, schloss sich ein Kreis: Das Schulgde ist bloß noch Grundschule, viele Räume stehen leer; es gibt keine Kinder mehr.
"Und wenn sie nicht gestorben sind... Die Kinder von Golzow - Das Ende der unendlichen Geschichte"; ab Donnerstag im Kino, aber noch nicht in der Region