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Fernsehen Fernsehen: Wer war Ulrich Mühe?

Von Nathalie Waehlisch 25.07.2008, 09:22
Der Schauspieler Ulrich Mühe und seine Frau Susanne Lothar posieren am 12. Mai 2006 in Berlin auf dem Roten Teppich zur 56. Verleihung des Deutschen Filmpreises. (Foto: ddp)
Der Schauspieler Ulrich Mühe und seine Frau Susanne Lothar posieren am 12. Mai 2006 in Berlin auf dem Roten Teppich zur 56. Verleihung des Deutschen Filmpreises. (Foto: ddp) ddp

Berlin/ddp. - Eine seiner bedeutendsten Rollen hatte er in HeinerMüllers «Hamlet/Hamletmaschine», währenddessen sich die DDR auflöste.«Jetzt bin ich allein», deklamierte er dabei auf der Bühne. «Jetztbin ich allein» hat auch Regisseur Christoph Rüter seinenDokumentarfilm über den Theater-, Film- und Fernsehschauspielergenannt, der am 22. Juli 2007 im Alter von 54 Jahren an Krebs starb.Anlässlich des ersten Todestages von Mühe zeigt 3sat dasSchauspielerporträt am Samstag (26.Juli) um 20.15 Uhr.

Anhand von Film- und Theaterausschnitten, Gesprächen mitWeggefährten und Kollegen sowie Interviewsequenzen mit Mühe zeichnetRüter, der unter anderem Filme über Klaus Kinski, Thomas Brasch undKlaus Michael Grüber realisiert hat, ausführlich den Berufs-undLebensweg des Darstellers in der DDR, seine Aktivitäten bei denpolitischen Umwälzungen, und seine Karriere nach derWiedervereinigung nach. Dabei wird noch einmal MühesWandlungsfähigkeit und Vielseitigkeit eindrucksvoll deutlich.

Er habe immer Schauspieler werden wollen, «solange wie ich anBerufswünsche denke», sagt Mühe in einem der Ausschnitte. Gegen Endedes Films hält der bereits preisgekrönte Mime und fünffache Vater ander Seite seiner dritten Frau, Schauspielerin Susanne Lothar, imFebruar 2007 freudestrahlend den Oscar für das Stasi-Drama «Das Lebender Anderen» in die Kamera - da wusste Mühe bereits von der «finalenDiagnose Magenkrebs», wie es im Film heißt.

Wie viele Stunden Material sich Filmemacher Rüter angeschaut hat,kann er gar nicht genau beziffern. Vielleicht 200, 300 Stunden, sagter, aber er habe noch immer nicht alles gesehen. «Dieser Mensch warein Workaholic», sagt Rüter, der Mühes Weg schon seit Jahrenverfolgt.

Der Schauspieler selbst hatte sich gewünscht, dass zu seinerGedächtnisfeier an der Berliner Schaubühne kurz nach seinem Tod nebenMichael Hanekes «Funny Games» auch Rüters Dokumentation «The Time isout of Joint/Die Zeit ist aus den Fugen» gezeigt wird, die die Probenzu Müllers «Hamlet» dokumentiert. Mühes Hamlet-Darstellung ist in demneuen Film immer wieder Bezugspunkt.

Von der Familie äußert sich in der Dokumentation nur Mühes BruderAndreas ausführlich. Für die anderen Familienmitglieder sei es nochviel zu früh gewesen, vor die Kamera zu treten, sagt Rüter. AndreasMühe nimmt die Zuschauer mit in die sächsische Heimatstadt Grimma.Vor dem Geburtshaus erzählt er, wie er und sein Bruder mit einemLuftgewehr auf Tauben geschossen hätten und vom dem schwierigenMilitärdienst seines Bruders, von dem dieser schwere Magengeschwürebekommen hatte. Auch Mühes Tante Sigrid erinnert sich bei dem Dreh anihren Neffen.

Regisseure wie Thomas Langhoff, Thomas Ostermeier und MichaelHaneke sowie Schauspielkollegen wie Gesine Cukrowski, Thomas Thiemeund Dagmar Manzel würdigen Mühe in dem Film ebenfalls. «Er war nieStar in dem Sinne, dass er irgendjemand hat spüren lassen, dass erwas besonderes war», berichtet Cukrowski. Er sei ein «intelligenterSchauspieler» gewesen, «da gibt es ja auch nicht so viele davon»,sagt Manzel mit einem Lachen.

Doch nicht alle ehemaligen Schauspielerkollegen wollten laut Rütermit ihm über Mühe sprechen - wegen der Auseinandersetzung desDarstellers mit seiner 2006 ebenfalls an Krebs gestorbenen Ex-FrauJenny Gröllmann, der er eine Stasi-Mitarbeit vorgeworfen hatte.

In einer im Film gezeigten TV-Runde aus dem Jahr 2006, an der auch«Das Leben der Anderen»-Regisseur Florian Henckel von Donnersmarckteilnahm, kritisiert Schauspieler Henry Hübchen: «Herr Mühe hat eineFrau, die sehr, sehr schwer krank ist, als IM bezeichnet, was nichterwiesen ist, und das ist eine Denunziation.» Er sehe sich in einer«abstrusen Situation», nach 16 Jahren in Demokratie, «die mich fatalan das erinnert, was ich hinter mir gelassen habe», sagt Mühe, derden Prozess gegen seine Ex-Frau verloren hatte, selbst in einemAusschnitt zu der Auseinandersetzung.

Nach der Fernsehfassung soll es auch eine Kinoversion geben, ander Rüter arbeitet. Auf der Leinwand läuft bereits die Dokumentation«Ich will da sein - Jenny Gröllmann», in der Filmemacherin PetraWeisenburger die Schauspielerin in den letzten beiden Jahren ihresLebens begleitet hatte.

Um 21.15 Uhr zeigt 3sat am Samstag das Schauspiel «Drei Mal Leben»von Yasmina Reza mit Ulrich Mühe und Susanne Lothar in einerAufzeichnung vom Berliner Theatertreffen 2001.