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Fernsehen Fernsehen: Mit Sprachwitz zum Komikerstar

Von Dorit Koch 04.06.2004, 06:00

Hamburg/dpa. - Vom Ruhm und Erfolg des populären Komikers HeinzErhardt (1909-1979) bekommt sein Enkel Marek zunächst nicht viel mit.«Damals war er für mich erst einmal einfach der Großvater, der nachseinem Schlaganfall im Rollstuhl saß und nicht mehr sprechen konnte»,erinnert sich der heute 35-Jährige, der selbst Schauspieler ist.«Erstmals bewusst geworden sind mir seine Erfolge in der Schule, alsich von Mitschülern oder deren Eltern darauf angesprochen wurde. Dasganze Ausmaß seiner Karriere wurde mir aber erst so richtig klar, alsich mich auch selbst mit meinem Beruf befasst habe», sagt MarekErhardt, dessen bekannter Großvater am 5. Juni vor 25 Jahren inHamburg gestorben ist.

Als gemütlicher Dicker mit Hornbrille und treuherzigem Blick hatteHeinz Erhardt in den 50er und 60er Jahren Kino und Fernsehen erobert.«Er brachte den Deutschen nach dem Krieg wieder das Lachen bei»,heißt es über den Dichter, Schauspieler, Entertainer und Musiker. MitGespür für treffsicheren Witz karikierte Erhardt («Was ich bin dochheute wieder für ein Schelm!») den Alltag seiner Zeit. «Mit manchemHumor von heute könnte mein Großvater vermutlich nichts anfangen,etwa mit Sachen, die unter die Gürtellinie gehen», meint der Enkel.«Das hat er selbst ja ebenso ganz strikt vermieden wie politischeGeschichten.»

Heinz Erhardt gab sich naiv, unschuldig und unbeholfen, mitlinkischen Bewegungen und verklemmt kichernd. Er trumpfte gern mit«Noch'n Gedicht» und Sprachspielen auf, brachte sein Publikum mitselbst erfundenen Wörtern zum Lachen. Seine Fans liebten und liebenihn, wenn er in seinen Filmen jemanden als «Schwotte» (Mischung ausSchwabe und Schotte) beschimpft. Wenn er behauptet: «Ich brauche nurFettgedrucktes zu lesen, schon nehme ich zu.» Wenn er sagt: «Frauensind die Juwelen der Schöpfung. Man muss sie mit Fassung tragen.»

Als der Film auf ihn aufmerksam wurde, war der am 20. Februar 1909im lettischen Riga geborene Erhardt schon über 40 und ein gefeierterHörfunkstar. Durch seine Theatertouren und «Bunten Abende» kanntenviele Fans den in Hamburg lebenden Künstler. Mit zahlreichen Filmenfeierte er fortan Erfolge, darunter «Der Haustyrann», «Immer dieRadfahrer» und «So ein Millionär hat's schwer». Das Publikum liebteihn - als biederen Beamten Willi Winzig ebenso wie als Familienvaterin «Witwer mit fünf Töchtern», dem Lieblingsfilm des Enkels.

Seine eigene Familie - drei Töchter und ein Sohn - erlebte ihn alsrastlosen Mann, dessen Leben das Showgeschäft war. «Er hat sichtatsächlich in all den Jahren unserer Kindheit - und auch als wirlängst erwachsen waren - kaum einen Tag Pause gegönnt», schreiben dieTöchter im Vorwort des Buchs «Heinz Erhardt privat». «Wir haben erstspät begriffen, dass es eine tiefe Angst war, die ihn immer wiederins Rampenlicht trieb. Die Angst, vergessen zu werden.»

Das Interesse an Heinz Erhardts umfangreichem künstlerischenVermächtnis sei stets ungebrochen geblieben, erzählt sein EnkelMarek, der sich um die Verwaltung der Rechte kümmert. Mit derProduktion eines Hörbuchs über das Leben seines Großvaters, das derEnkel «vielleicht auch selbst spricht», sowie eines Albums mitErhardt-Interpretationen durch aktuelle Comedians trägt er selbstdazu bei.

Und wie ein Blick auf die Heinz-Erhardt-Seite im Internet(www.heinzerhardt.com) zeigt: Es wachsen immer wieder Fans nach.«Danke! Einfach nur Danke!», schreibt etwa Christopher (16). «Ichfinde Heinz Erhardt soooo genial ... ich kann nicht genug von seinenGags, Filmen, Gedichten ... bekommen», schwärmt die gleichaltrigeMira. Und die erst 14-jährige Linda meint: «Es gibt kaum einenDichter, der mir seine Ernsthaftigkeit mit so viel Witz beibringenkonnte.»