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Fernsehen Fernsehen: «24h Berlin»

05.09.2009, 13:41
Ein Pärchen wird am 05.09.2008 für «24h Berlin» auf dem Potsdamer Platz interviewt und gefilmt. (FOTO: DPA)
Ein Pärchen wird am 05.09.2008 für «24h Berlin» auf dem Potsdamer Platz interviewt und gefilmt. (FOTO: DPA) dpa

Berlin/dpa. - Dabei stehen die Berliner und ihr Leben in der Hauptstadtnoch bis Sonntagmorgen im Mittelpunkt. Die Sender porträtieren stattdes üblichen Programms seit 06.00 Uhr morgens zahlreiche Berliner,darunter auch einen Lehrer auf seinem Weg in die Schule, einendrogensüchtigen Verkäufer von Obdachlosenzeitungen oder die Ansichtenund Probleme einer Designerin, eines Verkäufers im Edel-KaufhausKaDeWe oder der Besitzerin eines Kosmetik- und Wellness-Studios.

Gedreht wurde vor einem Jahr, am 5. September 2008 - 750 StundenMaterial kamen zusammen, die nun bearbeitet ausgestrahlt wurden.Beteiligt waren 80 Drehteams mit 400 Mitarbeitern, darunterRegisseure wie Rosa von Praunheim, Romuald Karmakar, Volker Koepp undAndres Veiel. Neben Prominenten wie Dirigent Daniel Barenboim und demRegierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) traten in derehrgeizigen Dokumentation auch weniger bekannte Berliner auf: Derletzte Fischer auf dem Müggelsee, ein französischer TV-Korrespondent,ein Müllmann, eine Hartz-IV-Empfängerin oder die ukrainischeBesitzerin eines Schönheitssalons. Auch ein Mitarbeiter einesKrematoriums im Baumschulenweg in Treptow-Köpenick am mit 32 Hektargrößten Friedhof Berlins oder Schüler kamen in der Langzeit-Dokumentation zu Wort.

Bei einer Podiumsdiskussion im Technikmuseum ging es am Nachmittagauch darum, was «24h Berlin» als zeithistorisches Dokument bedeutet.Beim Betrachten in 50 Jahren könne man dann feststellen, was esnicht mehr gibt. Volker Heise, der künstlerische Leiter des Projekts,verwies auf die Expertise des Berliner Stadtforschers HartmutHäußermann. Demnach werden bis 2058 die Hochkultur (im Filmrepräsentiert durch Dirigent Barenboim) sowie die männliche Macht aufdem Rückzug sein, sagte Heise. Außerdem werde es auf den Straßennicht mehr so sicher sein.

Regierungschef Wowereit glaubt, dass die Menschen in 50 Jahrenvielleicht kein Fernsehen mehr gucken werden. Das Rathaus werde nochda sein, die Silhouette der Stadt aber eher flach bleiben, sagte derSPD-Politiker. Außerdem stehe dann das wiederaufgebaute Stadtschlossim Herzen Berlins, das sogenannte Humboldt-Forum.

Wowereit hatte das filmische Porträt der Hauptstadt amFreitagabend als mutig und innovativ bezeichnet. «Ich glaube, dassdas Filmgeschichte wird», sagte er bei einer Feier des RundfunksBerlin- Brandenburg (RBB). RBB-Intendantin Dagmar Reim sprach voneinem wegweisenden Projekt. «Das hat es so noch nie gegeben.» Nochnie sei ein Tag so ausführlich dokumentiert und archiviert worden.Dadurch sei ein digitales Gedächtnis der Stadt geschaffen worden.

Die Berliner konnten sich an den Drehtagen vor einem Jahr an zwölf«Talkpoints» in der Stadt melden und erzählen, was sie bewegt. Sobeklagte sich eine in Berlin lebende Südamerikanerin über die Untreueder Männer, was sie kolossal nerve. Ein zwölfjähriger Schülerforderte die Erwachsenen auf: «Tut mal mehr für die Umwelt!» DasProjekt kostete 2,8 Millionen Euro.

Möglicherweise wird es «24h Berlin» auch als DVD und alsExportversion in andere Länder geben. Zahlen zu den Zuschauerquotenlagen am Samstag noch nicht vor. Sie wird es laut RBB erst am Montaggeben.