Felix Mendelssohn Bartholdy Felix Mendelssohn Bartholdy: Vom Wunderknaben zum Superstar der Romantik

LEIPZIG/MZ. - Denn dass dieser Junge ein Glücklicher sein würde, erwies sich schon in seinen frühen Jahren: Bereits als Neunjähriger trat er als Pianist in die Öffentlichkeit, drei Jahre später lagen fünf Streichersinfonien, drei Singspiele und andere Kompositionen von seiner Hand vor. Am Sonntagmorgen leitete er regelmäßig die Hausmusiken im elterlichen Salon, zu denen nach dem Umzug in ein Berliner Palais familiäre Freunde wie Alexander von Humboldt, Heinrich Heine oder Georg Wilhelm Friedrich Hegel geladen waren. Es war ein Klima der aufgeklärten Bürgerlichkeit, in dem der Enkel des Dessauer Philosophen Moses Mendelssohn mit seiner Lieblingsschwester Fanny und seinen beiden anderen Geschwistern aufwuchs.
Dass dieser Junge zur Musik geboren war, erkannte man spätestens an seiner "Sommernachtstraum-Ouvertüre", die er im Alter von 16 Jahren vorlegte - ein Geniestreich im Geist der frühen Romantik. Auch in der Folge muss man sich stets das Alter des Künstlers vergegenwärtigen, um die Erfolge in ihrer vollen Größe würdigen zu können: Als 20-Jähriger triumphiert er in London, ein Jahr später in Rom - und mit 26 Jahren wird Mendelssohn Bartholdy, dessen zweiter Nachname ein Zeichen für die Christianisierung der Familie war, zum jüngsten Gewandhaus-Kapellmeister aller Zeiten.
Ein Jahr später führt er erstmals sein Oratorium "Paulus" auf, für das ihm der Dessauer Pfarrer Julius Schubring das Libretto geliefert hat. Und 1843 gründet der inzwischen glücklich verheiratete Familienvater in Leipzig das Konservatorium - die erste deutsche Musikhochschule.
Dass dieser Mann, der offenbar wie eine Kerze von beiden Enden brannte und in seinem Schaffensdrang schier unersättlich war ("O schick' mir ein Lied! Ich brauch's gar zu sehr!" bettelte er bei seinem Freund Klingemann), dass dieser Workaholic nur 38 Jahre alt wurde, scheint angesichts des enormen Pensums fast erklärlich. Der Tod seiner Schwester Fanny im Mai 1847 traf ihn so hart, dass er sich aus dem öffentlichen Leben weitgehend zurückzog.
Ein halbes Jahr später erlitt er einen ersten Schlaganfall, ein weiterer kostete ihn am 4. November 1847 das Leben. Dass die Totenfeier für den Schöpfer des "Elias" und der innigen "Lieder ohne Worte", der grandiosen "Reformationssinfonie" und zahlreicher Chorwerke einem Staatsbegräbnis glich, konnte dem Künstler keinen dauerhaften Nachruhm sichern.
Ausgerechnet Richard Wagner, dem Mendelssohn nach der Berliner Erstaufführung des "Fliegenden Holländer" spontan gratuliert hatte, trat posthum nach - und bescheinigte dem Kollegen in seiner Schrift "Über das Judentum in der Musik" die Unfähigkeit, "tiefe, Herz und Seele ergreifende Wirkung auf uns hervorzubringen". Dass er damit lediglich jene Noblesse und Distinktion ins Negative wendete, die Mendelssohns Werk tatsächlich eigen ist, änderte nichts an den verheerenden Folgen des Verdikts. Im Nationalsozialismus verwandelte sich der einstige Superstar in eine Persona non grata, sein Leipziger Denkmal wurde in einer Nacht-und-Nebel-Aktion geschleift, sein Werk aus den Konzertsälen verbannt. Dabei hätte man Mendelssohn selbst dann alle Ehren erweisen müssen, wenn er keine Werke von eigener Hand hinterlassen hätte: Mit dem Dirigat der Wiederaufführung der "Matthäuspassion" durch die Berliner Singakademie leitete er 1829 die Bach-Renaissance ein - auch dies ein Verdienst, das man namentlich in seiner Wahlheimat Leipzig nicht genug würdigen kann.
Ausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig, bis 10. Mai, Dienstag bis Sonntag 10-18 Uhr
