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Fast wie 1759: Schlachtgetümmel bei Kunersdorf

Von Annette Herold 16.08.2009, 13:26

Frankfurt (Oder)/dpa. - Es knallt und stinkt. Kanonen lärmen ohrenbetäubend, Schwarzpulvernebel liegt in der Luft, und Preußenkönig Friedrich II. wird in wenigen Augenblicken gegen verbündete Russen und Österreicher eine seiner größten Niederlagen als Feldherr erleiden.

Die historischen Fakten über die Schlacht von Kunersdorf, die am Samstag - 250 Jahre danach - am Originalschauplatz nachgestellt wurde, kennt Matthias Kleber aus der Schule. Dennoch verfolgt der Berliner wie mehrere tausend weitere Besucher das Schlachtgetümmel auf einer Wiese am Rande von Kunowice - wie das heute polnische Dorf nahe Frankfurt (Oder) heißt. Mehr als 200 uniformierte Darsteller gehen dort in den Schaukampf.

Als sich dort am 12. August 1759 die Truppen Friedrichs geschlagen geben mussten, tobte im Europa des 18. Jahrhunderts seit drei Jahren der Dritte Schlesische Krieg (auch Siebenjähriger Krieg). Die preußische Armee hatte Verluste erlitten, den Österreichern unter anderem bei Prag (1756) und Leuthen (1757) aber auch empfindliche Niederlagen beigebracht. Bei Kunersdorf wendete sich das Blatt für Preußen erneut. Der Überlieferung nach rettete eine Tabaksdose, an der eine Kugel abprallte, dem Preußenkönig zwar das Leben. Von den rund 120 000 Soldaten kamen auf beiden Seiten aber rund 36 000 Verwundete und Gefallene nicht so glimpflich davon.

«Schrecklich» - Monika Dabrowska aus der knapp drei Kilometer entfernten polnischen Grenzstadt Slubice möchte irgendwann nichts mehr hören vom Schlachtenlärm und am liebsten auch nichts mehr von der blutigen Vergangenheit des Ortes, über die der Moderator die Zuschauer via Lautsprecher informiert. All das sei ihr neu, sagt die junge Polin und sinniert darüber, dass es gut sei, wenn sich ihre Landsleute nun verstärkt mit der deutschen Vergangenheit des Landstrichs östlich der Oder beschäftigen.

Daran hat Krzysztof Wojciechowski, Philosoph und Direktor des Slubicer Collegium Polonicum, entscheidenden Anteil. Mit Unterstützung polnischer Geschichtsinteressierter hat er zur Erinnerung an die auf deutscher Seite beinahe in Vergessenheit geratene und für die Polen lange uninteressante Schlacht nicht nur das Spektakel organisiert. Im September soll darüber hinaus in Slubice eine wissenschaftliche Tagung zum Thema stattfinden. Angekündigt sind etwa Vorträge zur Militärgeschichte Preußens, zur Historie des 1945 von den Deutschen verlassenen Ortes Kunersdorf oder zu archäologischen Grabungen auf Schlachtfeldern.

Der Mann, der in Kunowice Friedrich den Großen gibt, ist stolzer Sachse und war Zeit seines Lebens nicht beim Militär. Für Gerd Jacob klingt die Verbindung des Spektakels mit dem historischen Hintergrund einleuchtend. Der 74-Jährige aus Maxen bei Dresden interessiert sich für Geschichte und arbeitet im Arbeitskreis Siebenjähriger Krieg des örtlichen Heimatvereins mit. Als zum Festumzug bei der 750-Jahr-Feier seines Dorfes ein Friedrich-Darsteller gesucht wurde, ist der frühere Diplomingenieur zum Freizeit-König geworden.

Seitdem hat er nach eigenen Worten auch festgestellt, dass in Polen das Interesse an der preußischen Geschichte wächst. Bei den Feierlichkeiten zum 250. Jahrestag der Schlacht von Leuthen bei Breslau hat er vor zwei Jahren erstaunt erlebt, wie wissbegierig sich heutige Bewohner der Region damit auseinandersetzen. Darum gehe es bei der Darstellung historischer Schlachten auch, wie er sagt. «Wir können damit einen Beitrag zur Völkerverständigung leisten.»

www.schlachtbeikunersdorf.de