Manipulation im Netz Fake News erkennen: DPA arbeitet mit Dataminr, Crowdtangle, Youtube Dataviewer, Wayback Machine, peoplefindThor und Tweetdeck
Halle (Saale) - Es geschah beim Münchener Amoklauf, es geschah beim Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt: Fake News verbreiten sich rasend schnell im Netz.
Während Journalisten in Echtzeit recherchieren und publizieren, jagen Nutzer gefälschte Bilder durchs Internet und verbreiten Falschinformationen. Manchmal versehentlich, manchmal gewollt.
Wie schützen sich Nachrichtenagenturen wie DPA vor Fake News?
So kämpft die Deutsche Presse-Agentur gegen Falschmeldungen
Die DPA-Spezialisten Thomas Pfaffe, Landesbüroleiter Ost, und Stefan Voß, Leiter der neuen Verification Officers, gaben im Newsroom der Mitteldeutschen Zeitung Einblicke in ihren Kampf gegen die Falschmeldung.
Besonders gründlich müssten Agenturjournalisten immer dann prüfen, wenn sich unübersichtliche Nachrichten-Großlagen entwickelten, etwa bei Amokläufen, sagte Voß.
„Zu diesen Zeitpunkten lohnen sich Manipulationen am meisten, denn die mediale Aufmerksamkeit ist am größten.“
Amoklauf in München: Angebliche Tatorte auf Facebook und Twitter
Beispiel München: Während des Amoklaufes verbreiteten Internetnutzer auf Facebook und Twitter immer wieder Nachrichten mit angeblichen Tatorten, inklusive Bilder. „71 Phantomtatorte registrierten wir an diesem Tag“, so Voß.
Für die DPA ein Problem der Verifikation. Zur Echtheitsprüfung von Bildern verwende die Agentur eine Reihe von Internetwerkzeugen. Darunter Tineye.
Rückwärts-Bildersuche mit Tineye
Die Website erlaubt eine Rückwärtsbildersuche, die das frühere Auftauchen von Fotos im Netz checke.
„Gerade im Fall von angeblichen Täter- und Tatortbildern tauchen immer wieder dieselben Bilder auf“, sagte Voß. Die Überprüfung mit Tineye könne schnell Klarheit schaffen. „Allerdings: Wenn die Bilder per Photoshop verfremdet sind, kommt das Programm an seine Grenzen.“
Youtube Dataviewer: Überprüfungstool für Videos
Ein ähnliches Überprüfungs-Tools für Videos gibt es mit dem Youtube Dataviewer. Es erlaubt einen Blick darauf, ob verbreitete Filme bereits in der Vergangenheit aufgetaucht sind.
Bei der Echtheitsprüfung solcher Medien habe die DPA einen hohen Anspruch. „Jeder Mensch erkennt einen kopierten 10-Euro-Schein als Fälschung. Bessere technische Werkzeuge zur Prüfung hat der Verkäufer an der Supermarktkasse, am sichersten prüft die Bundesbank. Wir müssen im Onlinebereich nahe an die Bundesbank rankommen“, so Voß.
Fake News: Was wird manipuliert?
Was wird manipuliert? Neben der Echtheit von Videos und Bildern prüfen die Experten der DPA häufig auch unsichere geografische Angaben in Internetbeiträgen.
Zudem beschäftigen sich die Spezialisten mit der Prüfung möglicher Social Bots – also programmierten Twitter-Robotern, die wie Menschen agieren - und der Verifikation von Social-Media-Beiträgen.
Warum verbreiten Menschen Falschmeldungen?
Nach dem Münchner Anschlag und anderen Großlagen – vor allem islamistischen Terrorakten - haben die DPA-Spezialisten zudem Erfahrungen damit gesammelt, wieso Menschen Falschmeldungen in sozialen Netzwerken verbreiten.
„Ein großer Teil ist Wichtigtuerei und Geltungssucht“, sagte Pfaffe. „Das ist zwar die irrationale, aber noch nicht die bösartige Variante.“
Daneben gebe es regelmäßig die Gruppen der Islamhasser und jene, die den Terror potenzieren wollen. „Der Anschlag von Manchester war ein Beispiel dafür“, so Voß. So werde das digitale Echo der Geschehnisse häufig verzerrt.
Personensuchmaschine peoplefindThor zur Prüfung von Angaben auf Facebook
Zur Prüfung von Angaben auf Facebook nutze DPA etwa das Tool peoplefindThor – eine mächtige Personensuchmaschine, die eine gezielte Suche nach bestimmten Menschen möglich macht.
Zur Überprüfung von Informationen greifen die DPA-Spezialisten auch auf ein schier endloses Archiv von Internetinhalten zurück.
Der Internet-Dienst Wayback Machine erlaube einen Blick auf frühere Versionen von Websiten. Das Tool gelte als Friedhof des Internets und mache Wahrheitsüberprüfungen in der Rückschau möglich.
Tweetdeck, Crowdtangle, Dataminr: Recherche außerhalb der Filterblase
Gerade die massenhafte Produktion von Beiträgen stelle Onlineredaktionen – auch die DPA – vor Herausforderungen.
Um den Überblick über Twitter und Facebook zu behalten, nutze die Agentur die Social-Media-Tools Tweetdeck, Crowdtangle und Dataminr. „So sind Recherchen außerhalb der Filterblase möglich“, sagte Voß. (mz)