Ex-Navy-Seal berichtet Ex-Navy-Seal berichtet: Dieser Mann liquidierte Osama Bin Laden

Halle (Saale) - Zehn lange Jahre dauerte es, ehe der gefährlichste Terrorist der Welt gefunden wurde. Sein Ende war dann aber nur eine Sache von Sekunden. Am 2. Mai 2011, fast ein Jahrzehnt nach 9/11 - den islamistischen Anschlägen auf das World Trade Center in New York und weitere Orte in den USA 2001 - ist deren Drahtzieher, Osama bin Laden, durch das Team 6 der Eliteeinheit Navy Seals in Pakistan zur Strecke gebracht worden. Robert O’Neill heißt der Mann, der bin Laden mit drei Schüssen liquidierte.
Den alles entscheidenden Augenblick dieses Maitages vor sechs Jahren beschreibt der Navy Seal Sniper, also der Navy Seal Scharfschütze, so: „Osama bin Laden stand in der Nähe der Tür am Fußende des Bettes, größer und hagerer, als ich erwartet hatte, sein Bart war kürzer und die Haare weißer. Aber das war der Mann, dessen Gesicht ich Zehntausende, Hunderttausende von Malen gesehen hatte. Seine Frau stand vor ihm, er hatte seine Hände auf ihre Schultern gelegt. In weniger als einer Sekunde zielte ich über die rechte Schulter der Frau und drückte zweimal ab. Bin Ladens Kopf platzte auf und er fiel zu Boden. Ich verpasste ihm einen dritten Kopfschuss. Man weiß ja nie“, so der Ex-Soldat.
Bevor O’Neill (41) und ein weiterer Seal bei dem nächtlichen Einsatz bin Ladens Zimmer erreichten, stellte sich ihnen dessen ältester, mit einer Kalaschnikow bewaffnete Sohn Khalid in den Weg. O’Neills Kamerad rief dem 23-Jährigen auf Arabisch und Urdu zu: „Khalid, komm her.“ Das verwirrte den bin-Laden-Spross derart, dass er hervorlugte und „Was?“ fragte. „Das war sein letztes Wort“, so O’Neill.
Die knallharte Welt der Navy Seals
Dessen Autobiografie ist jetzt unter dem etwas sperrigen Titel „Der Operator - Wie ich Osama bin Laden getötet habe - Mein Leben als Navy Seal Sniper“ auf Deutsch erschienen. Bevor die Schüsse auf den Al-Qaida-Terroristenführer fallen, hat der Leser gut 300 Seiten lang Gelegenheit, sich in die knallharte Welt der Navy Seals einzuleben, beschreibt O’Neill doch den ganzen Weg, den er gehen musste, ehe aus dem einfachen Jungen aus Montana jener mit allen Wassern gewaschener Kämpfer wurde, der mit der Liquidation Osama bin Ladens sich und seine Landsleute von einem Trauma befreite.
Bei dieser letztlich erfolgreichen Aktion handelte es sich nicht um einen spontanen Einsatz, sondern um die von langer Hand vorbereitete und mit der CIA abgestimmte „ultimative Mission“ (O’Neill). Zu diesem Zweck wurde im Vorfeld das Anwesen im pakistanischen Abbottabad, in dem man bin Laden vermutete, in North Carolina aus Containern in groben Zügen nachgebaut.
Um den Erfolg der Operation nicht zu gefährden, waren O’Neill und seine Seal-Kameraden zu absoluter Geheimhaltung verpflichtet. So mussten alle am Einsatz Beteiligten „eine Reihe von Unterlagen unterzeichnen, in denen nicht nur stand, das wir mit niemandem darüber reden durften, was wir sahen; wird durften darüber hinaus auch mit niemandem darüber reden, was wir zu sehen glaubten“, erinnert sich der frühere Navy Seal.
Allein das Wissen, bin Laden zur Strecke bringen zu können, euphorisierte O’Neill und sein Seals-Team 6: „Wir würden den Scheißkerl umbringen. Wir fingen schon an, uns gegenseitig anzustacheln, einfach nur, indem wir darüber redeten.“
Nachdem die Aktion erfolgreich zu Ende gegangen war, informierte O’Neill auch jene CIA-Agentin, die als Verbindungsfrau zwischen Auslandsgeheimdienst und US-Armee fungierte, über „Geronimo, EKIA“: „Geronimo war das Codewort für das Auffinden bin Ladens und EKIA bedeutet: ,Enemy Killed in Action‘ - Feind im Gefecht getötet.“ Die Reaktion der CIA-Agentin überraschte den abgebrühten Soldaten O’Neill dann doch: „Ihre Miene blieb ungerührt. ,Hm, sieht ganz so aus, als wäre der Scheißjob erledigt.‘ Und dann ging sie. Ihre Coolness imponierte mir (...).“
O’Neill schreibt auch, dass er, bevor es zur Erstürmung von bin Ladens Anwesen kam, zum ersten Mal in seiner Seal-Karriere das Gefühl hatte, diesen Einsatz nicht zu überleben. Aus diesem Grund schrieb er vor seinem Aufbruch nach Pakistan erstmals Abschiedsbriefe an seine Frau und die beiden Töchter.
Die aber mussten nicht abgeschickt werden, da O’Neill die Mission nicht nur unbeschadet überstand, sondern über kurz oder lang auch zum Nationalhelden wurde, dessen Helm und Uniform, die er trug, als er bin Laden erschoss, seit vergangenen Sommer im „Richard Nixon Presidential Library and Museum“ in Yorba Linda (Kalifornien) ausgestellt sind, während sein Hemd, das er bei diesem denkwürdigen Einsatz im Mai 2011 trug, im „9/11 Memorial Museum“ in New York zu sehen ist.
Robert O’Neill: „Der Operator - Wie ich Osama bin Laden getötet habe“, Riva Verlag, 384 Seiten, 19,99 Euro
Drahtzieher der Anschläge vom 9. September 2001
Osama bin Laden (1958-2011) war ein saudi-arabischer, seit 1994 staatenloser Terrorist und Gründer des Terror-Netzwerks Al-Qaida. Er plante die von ihr ausgeführten Anschläge auf die USA vom 9. September 2001, bei denen fast 3 000 Menschen den Tod fanden. Bereits seit den Al-Qaida-Anschlägen auf die Botschaften der USA in Tansania und Kenia 1998 zählte bin Laden zu den meistgesuchten Terroristen. Dem Zugriff der USA konnte er sich immer wieder entziehen - bis zum 2. Mai 2011, an dem auf Befehl von US-Präsident Barack Obama bin Ladens Anwesen in der pakistanischen Stadt Abbottabad gestürmt wurde.
