1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Eva Mahn: Eva Mahn: Die Botschaft der Engel

Eva Mahn Eva Mahn: Die Botschaft der Engel

Von Andreas Montag 15.01.2002, 13:39

Halle/MZ. - Das gibt es zu sehen, aufden ersten Blick: Porträts und Familienbildnissein schönen, luftigen, lichtvollen Räumen,überwiegend farbig fotografiert und vor kräftigfarbigen Hintergründen, in großen Formaten,die sonderbar an Gemälde erinnern.

Rasch scheint die Methode entschlüsselt, zumaldie Ausstellung in der Villa Kobe mit einemTafelbild empfängt, das der Hallenser UwePfeifer in seiner charakteristischen, derFotografie so verblüffend verschwistertenArt gemalt hat. Es zeigt die Fotografin EvaMahn, die Urheberin der Schau, eine winzigeMadonna samt Kind in Händen bergend. Womitauch das Geheimnis des Titels schon (fast)gelüftet wäre: "Heilige Familie". Doch einParcours für Schnellläufer ist diese Ausstellungtrotzdem nicht. Bildliche Wiedergänger drängensich unschuldig-selbstbewusst in den Blick,stellen sich in den Weg und provozieren denBetrachter zum Innehalten: Habe ich diesenlanghaarigen Jungen nicht schon einmal gesehen,und wieso hat jener stoppelkurz geschorene,gepiercte Typ ein Bildchen als Erkennungszeichenneben sich, das ihn mit üppig-engelhafterLockenmähne und zünftigem Palästinenser-Tuchzeigt? Man wird wohl umkehren müssen, zurückgehen, vielleicht sogar hinab steigen in dasErdgeschoss - sämtlich Handlungen, die auf'sÄußerste mit Symbolen beladen sind.

Darauf zielt Eva Mahn natürlich - in allemErnst und zugleich mit ebensoviel Vergnügenwie bei der blasphemischen Inszenierung einesneckischen Engels, der mit einer höchst gefährlichaussehenden Lanze vorsichtig in Richtung derfast entblößten Brust einer Jungfrau piekst,die dekorativ-demütig zu seinen Füßen lagert.Dieses Bild soll gemeinsam mit seinen beidenNachbarn in einem Raum des Obergeschosseswohl den ideellen Überbau der nicht unkompliziertgebauten (und deshalb etwas überfrachteten)Schau liefern: Da grinst ein Teufel genannterFaun durchtrieben aus dichtem Buschwerk, auchan einem stattlichen Gemächt fehlt es aufdem Bilde nicht. Das nennt man dann wohl einenHingucker.

Zwischen Engel und Teufel ist eine kindlicheMadonna etabliert, mit allem Kitsch, den mansich denken kann. Die Botschaft verweist unsdorthin, wo diese bündig abgewickelten Heldenaus biblischer Geschichte ihr profanes Spielfeldhaben: ins irdische Leben. Das mag ja schmissiggedacht sein, gewiss auch als Gegensatz zuranrührend heiligen Ernsthaftigkeit, die ausmanchen der Porträts spricht. Ob die sinnenfrohen,manirierten Inszenierungen die Schau indeswirklich überzeugend zu runden vermögen, mussoffen bleiben. Doch es gibt ja die Porträts:Jüngere aus dem Jahr 2000 zumeist, und ältere,die 1992 entstanden. Hier sind Gesichter neuzu entdecken, in verwandelter Schönheit.

Eva Mahn vergilt dem Betrachter seine Neugiermit dem zweiten Blick auf eine Generation,für die Nachwendezeit und Pubertät in einsgingen und die nun, wie ihre eigene Tochter,erwachsen geworden ist. mahns schwarz-weißeBildnisse trotzig-selbstbewusster Teenagerwirken in ihrer Offenheit dabei ebenso überwältigendwie ihre Aufnahmen vom ruinösen Hinterlanddes halleschen Universitätsplatzes aus demJahr 1989, die den Porträts als historischeGrundierung zugesellt sind. Was die Fotografinaus dem Jetzt festhält, ist eine Art Zustandsbericht:Übungen in Liebe auch als Selbstbehauptung,Skepsis und Stolz, Verletztheit, Schmerz undGlück werden gemeldet. Dem einen weht nochdas Langhaar um die Schultern, ein andererhat Locken gegen Tatoos getauscht. Eine Fraulehnt sich an die Schulter ihres Freundes,ein Mann legt seine Hände auf die Schulternseiner Frau. Tafelbilder zeigen Kinder mitEltern und deren Eltern: Lust am Rollenspielund Last des Alltags auch. Bilder wie im Leben.Kann schon sein, dass man dabei seltsam verwandeltwird.

Villa Kobe, Halle, Philipp-Müller-Straße65 (zwischen Rannischem und Riebeck-Platz),bis 10. Februar, Do-So 14-19 Uhr; Tel.: 0345/ 4789207.