Kommentar zum ESC ESC: Netta Barzilai ist ein absolut wünschenswertes Rollenmodell - Kommentar

Das Zauberwort heißt „diversity“ (zu deutsch: Vielfalt), die israelische Sängerin Netta Barzilai hat es mehr als einmal erwähnt in ihrer improvisierten Rede in Lissabon, neben der üblichen Folklore, also dass sie ihr Land liebt und was sie ihren Eltern verdankt. 70 Jahre nach der Staatsgründung, 40 Jahre nach dem ersten ESC-Erfolg des Landes und 20 Jahre nach dem bis dato letzten gewinnt wieder mal Israel einen Eurovision Song Contest. Das ist eine gute Nachricht, aus zweierlei Gründen.
Wider alle Anfeindungen
Es ist ein Erfolg wider alle Anfeindungen: Natürlich sind Auftritte beim ESC auch gleichbedeutend mit Kulturdiplomatie, mit der internationalen Repräsentation eines Landes. Das rechtfertigt aber nicht die holzschnittartige Kampagne der Anti-Israel-Lobby BDS auf Kosten einer 25 Jahre jungen Künstlerin, der man hier stellvertretend für die Regierung Netanjahu den Misserfolg an den Hals gewünscht hat.
Doch der ESC-Gemeinde ist „diversity“ das höchste Gut. Und dieses Recht, anders zu leben und zu lieben als die selbsternannte moralische Mehrheit, lässt sich nur schwer in Einklang mit Boykottaufrufen, und dem Versuch, andere mundtot zu machen.
Zweitens: Unabhängig von den Geschmacksfragen, ob Nettas Lied„Toy“ zu schräg ist, ihr Gewands zu grell oder der Text zu kalkuliert auf der #Metoo-Welle surft, ist die Künstlerin ein absolut wünschenswertes Rollenmodell; ein nicht idealgewichtiger Mensch, der dennoch mit seinem Körper im Reinen ist.
Wir dürfen nicht vergessen: Es gibt nur einmal im Jahr den ESC, aber durchgehend das mädchenverachtende, einem absurden Schönheitsideal verpflichtete Hungerhaken-Fernsehen von und mit Heidi Klum. Wenn wir beim Anhören von „Toy“ wenigstens darüber nachdenken, wer und was hier eigentlich normal ist (ESC oder „Germany’s Next Topmodel“?), damit wäre schon viel gewonnen.