Erstes Soloalbum von Conor Oberst
Hamburg/dpa. - Gut ein Jahr nach der Veröffentlichung des letzten Bright-Eyes-Albums «Cassadaga» meldet sich der US-Künstler Conor Oberst mit seinem ersten Soloalbum zurück.
Mit seiner neu gegründeten Begleitband The Mystic Valley Band, hat der 28-jährige Songwriter eine Songsammlung eingespielt, die seine markante Handschrift trägt und sowohl passionierte Bright-Eyes-Fans als auch neue Hörer begeistern dürfte.
Conor Oberst zählt zu den Künstlern, die so geteilte wie intensive Reaktionen provozieren. Während der typische Fan des Musikers aus Omaha in der Regel eine nahezu kultische Verehrung an den Tag legt, wird Conor Oberst von seinen Kritikern nicht selten als «Indie-Heulsuse» betitelt. Es ist etwas dran, das Aufmerksamkeit erregt, an der Musik des US-Amerikaners, der bereits im Alter von 14 Jahren seine ersten eigenen Musikprojekte startete und heute auf Mitgliedschaften in einem halben Dutzend verschiedener Bands zurückblicken kann und zusätzlich auch noch das Label Team Love betreibt.
Dass Conor Oberst neben seiner Arbeit als Labelbetreiber und Kopf der Band Bright Eyes noch Zeit und Inspiration für ein Soloprojekt findet, ist erstaunlich, entspricht aber offenbar der Arbeitsweise des Künstlers, veröffentlichten Bright Eyes beim vorletzten Mal doch gleich zwei Alben zum selben Zeitpunkt und waren auch bei der Produktion des Nachfolgers nicht eben langsam. Während viele in Bands aktive Künstler ihr erstes Soloalbum in den wenigen ruhigen Momenten, die das Bandleben übrig lässt, schreiben und ihre Ideen alleine zum Leben erwecken, hat Conor Oberst sich eine fünfköpfige Begleitband aus befreundeten Musikern zusammengestellt. Einige der Bandmitglieder waren bereits in anderen Saddle-Creek-Acts, wie zum Beispiel Rilo Kiley, aktiv, andere begleiteten Conor Oberst auch schon im Line-up von Bright Eyes, aber es gibt auch ganz neue Gesichter in der Mystic Valley Band.
Für die Aufnahmen von Conor Obersts ersten Soloalbum, das schlicht und ergreifend als Titel den Namen des Künstlers trägt, haben sich die Musiker während des Winters ins warme Mexikos zurückgezogen. Vielleicht war es in der Tat das angenehme Klima, das der Musik von Conor Oberst eine neue Heiterkeit verliehen hat, wie man sie von ihm bislang nicht kannte. In den Grundzügen hat die Musik, die Conor Oberst als Solokünstler mit der Unterstützung seiner Mystic Valley Band macht, viel gemein mit den Bright-Eyes-Songs des letzten Albums: Zu hören gibt es eine sorgfältig ausbalancierte Mischung aus Folk, Indierock und Countryeinflüssen. Über diesem vertrauten Sound schwebt jedoch eine viel sorglosere und zufriedenere Atmosphäre als zuvor. Conor Oberst scheint sich tatsächlich von seinem Hang zum Depressiven verabschiedet zu haben. Spürbar bleibt eine Idee von Melancholie und Nachdenklichkeit, die seinen Songs ausgezeichnet steht.
Schöne akustische Gitarrenmelodien finden sich auf dieser Platte zuhauf. Der Einsatz von Bläsern erinnert an «Cassadaga». Gleiches gilt für die Streifzüge durch Country-Anleihen und sehr packende, melodische Hooklines, die sich sofort im Gedächtnis festsetzen. Stilistisch ist die Platte dennoch relativ vielfältig und die Atmosphäre, die die Songs entstehen lassen changiert im Laufe des Albums von bitter-süß über lässig und heiter bis hin zu aufgekratzt. Dass Conor Obersts Stimme inzwischen ein bisschen rauer und selbstsicherer klingt als zu Beginn seiner Karriere, tut seinen Songs außerordentlich gut. Das brüchige Element, das ihn einst den Heulsusen-Verdacht bescherte, ist nur noch zu erahnen.
Mit seinem selbstbetitelten Soloalbum legt Conor Oberst eine Songsammlung vor, die schön ist, aber alte Fans nicht mit Neuigkeiten überraschen dürfte. Dies hier ist Conor Oberst, wie man ihn kennt und entweder liebt oder ablehnt. Nur ein bisschen erwachsener ist er geworden. An seiner Vorliebe für das Sentimentale und Herzliche hat das Erwachsenwerden nicht rütteln können: Als Songwriter schreibt Conor Oberst weiterhin introspektive und poetisch-rätselhafte Texte, die er mit Melodien an der Grenze zum schönen Kitsch umgibt. Als Teil einer Band hat sich der Künstler dazu entschieden, nur das mit Bright Eyes zu betiteln, an dem sein langjähriger Mitstreiter Mike Mogis beteiligt war. Bei diesem Album war Mogis nicht dabei. Viel mehr unterscheidet diese Platte allerdings nicht von dem, was man von einem neuen Bright-Eyes-Album erwartet hätte. Schöne Songs und jede Menge Emotionen. Hass es oder liebe es!