Eröffnung des Kurt-Weill-Festes 2015 Eröffnung des Kurt-Weill-Festes 2015: Schwejk für den Broadway

dessau-rosslau - Ein Sahnehäubchen schon zu Beginn: Mit einer konzertanten Aufführung des wenig bekannten Musicals „Braver Soldat Johnny“ wurde am Freitag das Kurt-Weill-Fest eröffnet. Die Komposition von Kurt Weill nach einem Text von Paul Green ist eigens für Dessau und im Auftrag des MDR neu bearbeitet worden. Für die Musik übernahm das Gene Pritsker, der sich als Komponist der Filmmusik zu Tom Tykwers „Cloud Atlas“ (2012) international einen Namen machte. Schauspieler Bernhard Bettermann überarbeitete den Text und sprach die Titelrolle. Angeregt wurde das Projekt von Dirigent Kristjan Järvi, der mit dem MDR-Sinfonieorchester die europäische Erstaufführung von „Braver Soldat Johnny“ im Anhaltischen Theater glanzvoll umsetzte.
Während die Lieder von den sechs Akteuren im englischen Original gesungen wurden, hat man die Sprechtexte auf Deutsch vorgetragen. So konnte jeder der Handlung des Musicals, das explizit als ein US-amerikanisches Gegenstück zu Jaroslav Hašeks bravem Soldaten Schwejk zu verstehen ist, problemlos folgen. So schwer das Thema des Werkes, so leicht seine Musik. Weill klingt hier nach Spätromantik, Schlager, Operette. Das bekannteste Stück, das „Kanonenlied“, ist kein Landser-Marsch, sondern ein Wiegenlied. Das Musical, das 1936 als „Johnny Johnson“ am Broadway uraufgeführt wurde, erzählt die Geschichte des friedliebenden Bildhauers Johnny Johnson, der sich nach der Kriegserklärung der USA an das Deutsche Reich und seine Verbündete nur deshalb als Kriegsfreiwilliger meldet, weil es Minny Belle (Mimi Fiedler), seine vor Patriotismus glühende Verlobte so wünscht. Verteidigt er nicht Freiheit und Demokratie, verweigert sie ihm das Ja-Wort. Derweil sich Limonaden-Produzent Anguish (Manuel Klein), der die hübsche Minny für sich gewinnen will, beim Eignungstest halb taub und fast blind stellt und so seiner Einberufung entgeht, muss Johnny die Reise über den Atlantik antreten.
Johnson war bereits ein Gegner des Krieges, als er noch in der US-Provinz lebte. Die Schrecken des Krieges bestätigen ihn so sehr in seiner pazifistischen Gesinnung, dass er das Grauen beenden will: Er schreibt einen Brief an das deutsche Volk, damit Frieden werde. Im Glauben, dass sein Brief die tatsächliche Kriegsmüdigkeit ausgelöst habe, wird Johnny mutig: Er verkleidet sich als General und befiehlt, den Waffenstillstand zu erklären. Der Schwindel fliegt auf, der Krieg wird fortgesetzt und Johnny kommt in eine amerikanische Irrenanstalt. In der Klinik erfährt er, dass Minny Belle inzwischen Anguish geheiratet hat.
Obwohl als konzertante Aufführung angekündigt, kamen Kostüme, viele schauspielerische Elemente und auch Videoprojektionen zum Einsatz, so dass es eine halbszenische Musical-Inszenierung wurde. Eine großartige Leistung des MDR-Sinfonieorchesters und der Sängerschauspieler - zu denen neben den oben Genannten noch Juliane Elting, Carla Fellinger und Tim Bettermann gehörten –, war es auch. Und die wurde vom Festival-Publikum sehr zu recht mit minutenlangem Beifall bedacht. (mz)