Anhalt ehrt Fürst Franz Er is wieder da: Vor 200 Jahren starb Fürst Franz von Anhalt-Dessau. Mit einer Ausstellung und einem Denkmal kehrt er ins Gartenreich zurück.Fürst-Franz-Feier im Gartenreich: Er ist wieder da

Dessau-Roßlau - Dass vor allem von den Wörlitzer Anlagen gesprochen wird, wo vom Dessau des späten 18. Jahrhunderts die Rede sein soll, ist kein Zufall. An der Literatur zur Sache liegt es nicht.
Vor allem Erhard Hirsch, Ulla Jablonowski und Michael Niedermeier haben in den vergangenen Jahrzehnten viele wichtige Studien vorgelegt, um die Residenzstadt des Fürsten Franz sichtbar zu machen, der vor 200 Jahren gestorben ist. Die allgemeine Wahrnehmungslücke hat zuerst handfeste Ursachen, politische und gesellschaftliche.
Im Feuer des 7. März 1945 versank auch die Residenzstadt des Fürsten. Was die Bomben nicht ausradierten, erledigte der Nachkrieg. Die sozialistische Stadtgestaltung tat ihr übriges. Viele Bauten der Franz-Zeit hätten erhalten werden können. Bis in die 1980er Jahre wurden rekonstruierbare Bauten beseitigt.
Ausstellung zeigt den Fürsten in seiner Stadt
Und die Gegenwart? Man darf ja fragen: Warum wird die einfache Kubatur des Dessauer Residenzschlosses, von dem immerhin ein Flügel erhalten ist, nicht baulich ergänzt? Warum wird der Schlossplatz nicht gestaltet? Warum sieht der Neue Dessauer Begräbnisplatz von 1787 so ruppig aus, wie er heute aussieht? Der Ort, an dem die Bewohner der Stadt um 1800 ruhen. Unter anderen der Architekt Erdmannsdorff, der Musiker Rust, der Literat Rode, der Erbprinz Friedrich.
Insofern ist es eine gute Entscheidung, die Residenz um 1800 sichtbar zu machen. Unter dem Titel „Der Fürst in seiner Stadt“ wurde am Donnerstag die Ausstellung zum Franz-Jubiläum eröffnet - ein Gemeinschaftsprojekt, das die Hallenser Andreas Pecar und Paul Beckus sowie die Dessauer Andreas Erb, Frank Kreißler, Reinhard Melzer und Karin Weigt kuratierten. Eine Schau, die die Stadt als ein „Zentrum höfischen Lebens“ und als „Ort symbolischer Repräsentation des reichsfürstlichen Status“ des Dessauer Regenten präsentieren will.
Haseloff warnt vor Spaltung der Stadt Dessau-Roßlau
Dass die Stadt ein „Anhängsel des Hofes“ war, ja gar nichts anderes sein konnte, hatte Ulla Jablonowski schon vor Jahren pointiert. Tatsächlich trifft es auch auf die Gegenwart zu. Höfisch ging es zu bei der Vernissage unter freiem Himmel, wo kurz darüber gestritten wurde, wer dem Ministerpräsidenten den Katalog überreichen dürfe.
Reiner Haseloff redete nicht wirklich über Franz. Er warnte die Dessauer Politiker, ja nicht den Doppelnamen Dessau-Rosslau aufzugeben. Das sagte er nicht im Klartext, sondern mit Bemerkungen wie: Franz habe den Bindestrich im Namen Anhalt-Dessau geliebt. Oder: Haltet Frieden im Land!
Es ist eine kleine, feine, mit Sinn für das Besondere gestaltete Schau, die in der Orangerie und im Fremdenhaus im Georgengarten gezeigt wird. Sechs Sektionen bietet die Ausstellung. Vier in der Orangerie: „Vater Franz“, der Fürst in seiner Stadt, Repräsentationsbauten, das Fest zum Regierungsjubiläum 1808. Zwei im Fremdenhaus: Standbilder des Fürsten und ästhetische Kultur.
Franz-Porträt aus dem Depot des Germanischen Nationalmuseums
Einiges selten und noch nie Gezeigtes ist zu sehen. Zum Seltenen gehört das Franz-Porträt von Maron, das den Fürsten 1766 in Rom abbildet; das goldgekrönte Bild, das ursprünglich aus Waldersee-Besitz stammte, gehört dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, wo es im Depot lagert - die Dessauer sollten versuchen, das Bild als Dauerleihgabe zu holen. Neu sind die zwei Ansichten aus dem Palais Waldersee, das Wachsporträt eines Dessauer Bürgers und das Silberbesteck, das der Fürst 1797 einem Patenkind schenkte.
Eine Überraschung gelingt mit dem großen Plan der Residenzstadt-Mitte, die Wohnorte markiert und Hausmodelle zeigt. Originell sind der begehbare Stadtplan zum Jubelfest von 1808 sowie eine im Halbrund gezeigte filmische Simulation des Inneren der Schloss- und Stadtkirche, die Franz neugotisch umgestaltete.
Mit Wörlitz schuf sich Franz eine Nebenresidenz
Nur bleibt die Schau im Kleinteiligen hängen. Weder der Hof noch die Stadt entfalten sich thematisch hinreichend; dazu wären zwei einzelne Ausstellungen notwendig gewesen. Zum Hof hätte die fürstliche Jagd, zur Stadt hätten auch die überdurchschnittlich vielen Juden gehört. Dass Franz seine Hauptstadt aufgeputzt hat, ist klar. Aber auch, dass er sich mit Wörlitz sofort nach dem Siebenjährigen Krieg eine Nebenresidenz zu schaffen begann, an der er sich vorzugsweise aufhielt, auch regierte, und den Hochadel empfing. Lieber als in Dessau. Dessen Schloss ließ er äußerlich im halbfertigen Umbau von 1751 stecken, ein verwahrloster Kasten. Dessau vor Wörlitz?
Details, die nur anzumerken sind, weil sich die federführenden Autoren im Katalog gern vorschnell am Ziel einer erhofften grundstürzenden Umwertung des Materials wähnen. Ein Verfahren, das etwas Mutwilliges hat, denn geboten werden eher historische Differenzierungen. Zudem verstellt es den Blick, wenn man neuerdings zwischen autokratischer Herrschaft und aufgeklärter Bildungsmission einen Widerspruch einkeilen will. Oder das Attribut Vater vor Franz nicht herrschaftlich versteht.
Denkmalkopf zeigt modernen Fassonschnitt
Dieser Titel, den der Fürst für sich nutzte, mit dem er sich verehren ließ, wurde ihm von intellektuellen Projektemachern angetragen, die ihre eigenen Ziele verfolgten. Es war ein Geben und Nehmen. Der Fürst ließ sich auch benutzen, er wurde auch ausgenutzt. Mit einer Jubelfeier wie 1808 meldete eine Einwohnerschaft auch deutlich ihre Ansprüche an den Herzog an. Auch die Juden. Andernorts wurde so etwas abgelehnt. Als Zumutung.
Aber doch: Er ist wieder da. Wer die Ausstellung besucht, sollte auf dem Weg zum Fremdenhaus die rekonstruierte Skulptur betrachten, die den Fürsten als römischen Philosophen zeigt: mit Toga, Schriftrolle, nur die Frisur über den Ohren ist etwas zu sehr 20. Jahrhundert. Die mit Spezialbeton überzogene Kunststoff-Figur wurde am Donnerstag zwei Mal enthüllt. Am Nachmittag offiziell. Am Morgen aus Versehen. Ein Polizist hielt das über die Figur geworfene schwarze Tuch für ein Bubenstück, das er entfernte. Die Feuerwehr musste anrücken, um es wieder überzuhängen.
Orangerie und Fremdenhaus im Georgengarten in Dessau: bis 22. Oktober, Di-So 10-17 Uhr. Der Katalog, erschienen im Imhof Verlag, kostet im Handel 24,95 Euro und in der Ausstellung 19,95 Euro.
Über das neue alte Franz-Denkmal im Georgengarten spricht am 17. August um 19 Uhr im Archiv, Dessau, Heidestraße 21, der hallesche Kunsthistoriker Heinrich Dilly. (mz)