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Eine sehnsüchtige «Kameliendame» In Hamburg

Von Carola Große-Wilde 17.01.2008, 16:38

Hamburg/dpa. - Das Bühnenbild gleicht einem goldenen Käfig: Meterhohe goldgetäfelte Wände bilden einen abgeschlossenen Raum. In der Mitte steht als einziges Requisit ein schwarzer Flügel.

Hier lebt die «Kameliendame», hier feiert sie ihre dekadenten Partys mit ihren vergnügungssüchtigen Freunden. Lasziv räkelt sich die niederländische Schauspielerin Chris Nietvelt in einem langen hellgrünen Abendkleid auf dem Flügel und bezirzt einen ihrer zahlreichen Liebhaber. Erst, wenn sie die Liebe erlebt, öffnet sich der Käfig und der Wind weht durch die geöffneten Fenster. Der flämische Regisseur Ivo van Hove hat den Klassiker von Alexandre Dumas am Hamburger Schauspielhaus mit viel Sehnsucht nach echten Gefühlen inszeniert. Dafür gab es viel Beifall für die Schauspieler und sowohl Bravo-, als auch Buhrufe für das Regieteam.

«Ich inszeniere ohne Ironie. Schließlich geht es darum, ob die beiden es schaffen, gegen die Erwartungen der Gesellschaft zu handeln», sagte van Hove im Vorfeld. Der Direktor der Toneelgroep in Amsterdam hat am Schauspielhaus bereits die «Bakchen», «Faces» und «Der Geizige» inszeniert. Auch dort ging es um Beziehungen und den Zustand unserer Gesellschaft. Bei der «Kameliendame» fällt das Urteil düster aus: Die beiden Liebenden schaffen es mit ihren aufrichtigen Gefühlen nicht, gegen die Konventionen einer Gesellschaft anzukommen, in der auch die Liebe nach dem Kosten-Nutzen-Prinzip funktioniert und der äußere Schein mehr zählt als das wirkliche Erleben. Als sie endlich zueinander finden, ist es zu spät.

Glamouröse Feste, reiche Liebhaber, eine elegante Wohnung in Paris - die Welt der Kurtisane Marguerite Gautier lässt keine Wünsche offen. Und doch sehnt sie sich nach der großen Liebe, der sie bisher noch nie begegnet ist. Als der junge und naive Bürgersohn Armand Duval in ihr Leben tritt, glaubt Marguerite, sie gefunden zu haben. Für ihn kehrt sie ihrem von Luxus und Ausschweifungen erfüllten Leben den Rücken. Auf dem Land wollen die beiden neu anfangen. Doch ihre Vergangenheit holt sie ein. Armands Vater bringt Marguerite dazu, ihren Geliebten zu verlassen, weil sie angeblich «nicht gut genug» für ihn ist. Vom verletzten Armand mit Verachtung gestraft und inzwischen schwer krank, taumelt sie von einem Exzess zum nächsten.

Chris Nietvelt spielt eine starke, leidenschaftliche Marguerite, die sich traut, zu ihren Gefühlen zu stehen. Dagegen wirkt der junge Felix Kramer als Armand am Anfang etwas blass. Seine unbeholfene Liebe steigert sich aber im vierten Akt zu einem Ausbruch der Gefühle und am Ende nimmt man beiden ihre aufrichtige Liebe füreinander ab. Auch die anderen Mitglieder des Ensembles, Samuel Weiss als Varville, Marie Leuenberger als Nanine, Katja Danowski als Olympe, Marion Breckwoldt als Prudence, Tim Grobe als Graf de Giray und vor allem Michael Prelle als Armands Vaters überzeugen in ihren Rollen. Leider ist die Regie an einigen Stellen nicht schlüssig; insbesondere bei den Partyszenen, wenn alle wild durcheinanderreden und wegen der lauten und nervtötenden Musik nur die Hälfte der Dialoge zu verstehen ist.

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