Eine Liebelei mit tödlichem Ausgang
Halle (Saale)/MZ. - „Ich habe keine hellen Farben“ antwortet Enoch (Henry Hopper), als Annabel (Mia Wasikowska) ihn darauf hinweist, dass man heute auf Beerdigungen nicht mehr Schwarz trägt. Aber so ganz von dieser Welt sehen beide Teenager nicht aus. Sie ist zur Trauerfeier im mondänen Second-Hand-Outfit erschienen und er in einem Anzug, der aus einem längst vergangenen Jahrhundert zu sein scheint. Vielleicht liegt das daran, dass den beiden Teenagern ihr eigenes Leben ohnehin unwirklich erscheint. Als Kind war Enoch nach einem Autounfall, bei dem seine Eltern umgekommen sind, schon für tot erklärt worden. Seitdem fühlt er sich dem Tod verbunden, hat einen japanischen
Kamikaze-Piloten als imaginären Freund und sucht in seiner Freizeit heimlich Trauerfeiern auf.
Dort trifft er eines Tages auf Annabel und ein kurzer Blickwechsel genügt, um zu zeigen, dass die beiden Jugendlichen in ihrem Anderssein eine große Gemeinsamkeit haben. Auch Annabel ist dem Tod sehr nahe. Drei Monate geben die Ärzte der an einem Hirntumor erkrankten Patientin. Enoch weiß, dass seine aufkeimende Liebe zu Annabel mit einer Verlusterfahrung enden wird, aber das scheint ihm keine Angst zu machen.
Der erfahrene Independant-Regisseur Gus Van Sant („Good Will Hunting“) bringt seine morbide Liebesgeschichte in einen eigenwilligen Schwebezustand, die sich den üblichen Kitsch-Schemata entzieht. Van Sant hat in Filmen wie „Elephant“ oder „Paranoid Park“ sein Gespür für jugendliche Lebenswelten unter Beweis gestellt.
Auch wenn sein neuer Film „Restless“ deutlich gefälliger daher kommt und nach einem breiteren Zielpublikum greift, findet er hier den richtigen Ton für ein jugendliches Lebensgefühl, das von einer tiefen Melancholie getragen wird. Henry Hopper (Sohn von Dennis Hopper) und Mia Wasikowska („Alice im Wunderland“) spielen sehr nuanciert. In „Restless“ geht es nicht um sozialen Realismus. Über die exzentrische Kleidung der Beiden, den imaginären Freund oder auch die Abwesenheit moderner Kommunikationstechnologie wird eine surreale Atmosphäre geschaffen, in der emotionale Aufrichtigkeit wachsen kann.