"Ein Meister echt und wahr" "Ein Meister echt und wahr": Carl-Loewe-Festtage in Löbejün beginnen Freitag

Löbejün/MZ - Laut Goethe ist die Ballade das „Ur-Ei der Dichtung“, weil sie lyrische, dramatische und epische Elementen enthält. Eine Auskunft, die Carl Loewe gefallen habe dürfte, gilt der 1796 in Löbejün bei Halle geborene Musiker doch als der König der deutschen Balladenkomponisten.
Über 500 derartige lyrische Texte hat er in Töne gesetzt. Darunter natürlich auch Goethe-Balladen: „Erlkönig“ und „Der Zauberlehrling“ arrangierte Loewe für Klavier und eine Singstimme. Den greisen Dichter konnte der junge Komponist 1820 in Jena auch persönlich kennenlernen. Was immer der große Weimarer von Loewe gehalten haben mag, Richard Wagner jedenfalls war voll der Bewunderung für den Kollegen, der „ein nicht hoch genug zu ehrender Meister“ sei: „echt und wahr“.
11 Uhr: Festakt zur Eröffnung des Carl-Loewe-Museums; 19.30 Uhr: Eröffnungskonzert in der Stadthalle mit Auszügen aus Oratorien, Chormusik und der Erstaufführung von „Das Märchen ein Traum oder: Die Reise nach Rom“ mit den Hallenser Madrigalisten und der Staatskapelle Halle.
16 Uhr: Ehrung des Stifters der Tonträgersammlung Ian R. Lilburn im Museum; 19.30 Uhr: Festkonzert in der Stadthalle mit Liedern und Balladen von Carl Loewe und Zeitgenossen sowie der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft an Seiichiro Sato.
11 Uhr: Musikalisch-literarische Matinee „Es lockt des Nöcken Harfenschall“ in der Stadthalle; 15 Uhr: Schüler der Kreismusikschule interpretieren in der Stadthalle Werke von Carl Loewe.
Sonderführungen durch das Carl-Loewe-Museum werden am Freitag (13 Uhr) und am Samstag (11 Uhr) angeboten.
Mit dieser Meinung steht Wagner nicht allein. Auch die Mitglieder der Internationalen Carl Loewe Gesellschaft stimmen in dieses Loblied ein. „Carl Loewe ist in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der unerreichte Meister der Balladenkomposition“, sagt Andreas Porsche, der Präsident der Gesellschaft, und ergänzt: „Er hat die Musikballade für Gesang und Klavier als Gattung begründet und schuf damit eine geniale Verbindung von Musik und Dichtung.“
Die Gesellschaft veranstaltet von morgen bis zum Sonntag in Löbejün die fünften Carl-Loewe-Festtage. Die stehen unter dem Motto „Carl Loewe – Der klassische Romantiker aus Löbejün“. Schirmherr ist Reiner Haseloff (CDU), der Ministerpräsident Sachsen-Anhalts. Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) wird morgen um 11 Uhr zur Eröffnung des neu gestalteten Museums sprechen.
Einzigartige Kollektion
Die Festtage bieten Gelegenheit, die Lilburn-Kollektion zu präsentieren. Sie gilt mit über 2 000 Tonträgern als weltweit umfangreichste Sammlung mit Loewe-Kompositionen. Dazu gehören gut 550 Schellackplatten, seltene Rundfunkaufnahmen und Tonbandmitschnitte, Musikwalzen, Platten mit Tiefenschrift sowie Langspielplatten, Musikkassetten und über 300 Loewe-CDs.
Die Kollektion stammt von dem Musikliebhaber Ian Robertson Lilburn (1927-2013) aus London, der sie der Loewe-Gesellschaft gestiftet hat. Seit den 1960er Jahren sammelte der gebürtige Schotte Tonträger mit der Musik Carl Loewes. Die Texte vieler Balladen habe er auswendig gekonnt und sie mit großer Inbrunst rezitiert, heißt es. In den Jahren 2008 und 2011 gab er seine Sammlung nach Löbejün. Ausgewählte historische Aufnahmen aus der Kollektion enthält auch eine limitierte Doppel-CD, die am Wochenende in Löbejün vorgestellt wird.
Ian Lilburn ist aber nicht nur mit seinen Tonträgern dauerhaft in Löbejün präsent. Zur bleibenden Erinnerung wird auch ein Platz in dem rund 2250 Einwohner zählenden Ort nördlich von Halle nach ihm benannt. Zu der Lilburn-Feststunde am Samstag um 16 Uhr hat Nick Pickard, der stellvertretende britische Botschafter in Deutschland, sein Kommen zugesagt.
Doch damit nicht genug der Ehrenbezeugung: Im Rahmen des Festkonzerts am Samstagabend wird Seiichiro Sato, seines Zeichens Präsident der japanischen Carl-Loewe-Gesellschaft, für seine Verdienste bei der Loewe-Pflege in Japan zum Ehrenmitglied der Löbejüner Vereinigung ernannt. Damit befindet sich der Opern- und Konzertsänger in guter Gesellschaft, denn die Ehrung wurde vor ihm unter anderen Theo Adam (2001), Dietrich Fischer-Dieskau (2004), Peter Schreier (2006) und Schlagerstar Udo Jürgens (2007) zuteil.
Seit 1992 bemüht sich die Loewe-Gesellschaft um den Komponisten, von dem Heinrich Heine einst sagte, dass er dessen Musik gern in seiner Todesstunde hören würde. 1999 wurde eine Geschäftsstelle eröffnet, die heute auch Museum und Archiv umfasst. Die Loewe-Ehrung aber ist wesentlich älter: Ein erster Verein wurde bereits 1882 in Löbejün gegründet, sechs Jahre später folgte ein zweiter in Berlin.
Mag die öffentliche Wahrnehmung hierzulande Anderes nahelegen, so ist Loewe doch ein internationales Phänomen: Partnergesellschaften finden sich neben Japan auch in Österreich und Polen.
Ein Kind der Region
Letztere hat ihren Sitz in Stettin. Dort wirkte Loewe ab 1820 zunächst als Organist an der Jakobikirche und als Gymnasiallehrer. Bis zu seiner Berufung dorthin war er ein Kind der Region um Halle. Loewe war Stadtchorknabe in Köthen und, während seiner Schulzeit an den Franckeschen Stiftungen, im Stadtsingechor Halle aktiv. In der Saalestadt studierte Loewe Theologie, hier wurde der Musiker von Johann Friedrich Reichardt gefördert. Auch seine erste Frau heiratete er 1821 in Halle.
Die philosophische Ehrendoktorwürde hat ihm freilich 1832 die Universität Greifswald verliehen. Aber nicht allein wegen der räumlichen Nähe zu seinem Wirkungsort Stettin, sondern aufgrund seiner Verdienste als Dirigent, Pianist und Konzertsänger.
Vier Jahrzehnte war er als Musikdirektor ein Teil der kleinen kulturtragenden Schicht Stettins - und der großen Musikwelt. Loewe schuf ein umfangreiches Werk, zu dem neben den erwähnten Balladenvertonungen auch zahlreiche Opern und Oratorien, Konzerte und Kammermusiken sowie Klavier- und Chorwerke gehören. Schon 1835 hatte Robert Schumann erklärt, dass der musikalische Genius mit Carl Loewe als „Komponist, Sänger und Virtuos in einer Person“ auftrete.
Für die Carl-Loewe-Gesellschaft bieten die fünften Festtage in Löbejün einmal mehr die Möglichkeit zu zeigen, dass Sachsen-Anhalt, so Andreas Porsche, „nicht nur ein Land der Barockmusik, sondern auch eines der romantischen Klänge ist“.
Informationen und Karten unter: www.carl-loewe-gesellschaft.de