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DuMont Journalistenpreis DuMont Journalistenpreis: Ein Abend im Zeichen des Qualitätsjournalismus

24.01.2018, 11:54
Die Preisträger des DuMont Journalistenpreises 2017.
Die Preisträger des DuMont Journalistenpreises 2017. Paulus Ponizak

DuMont ist baden gegangen. Aber nein, keine Sorge, das ist nicht der Beginn eines Geschäftsberichts, sondern ein Hinweis auf den Ort, an dem am Dienstagabend der DuMont-Journalistenpreis 2017 verliehen wurde.

Im herrlich restaurierten Stadtbad Oderberger Straße im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg fand die Feier statt.

Der hohe, fast sakral wirkende Saal leuchtete festlich blau, das Schwimmbecken, in dem man unter der Woche schwimmen kann, war abgedeckt, so dass niemand nasse Füße fürchten musste. Rund 150 Gäste aus dem Verlag sowie Politik und Wirtschaft kamen, darunter der DuMont-Vorstandschef Christoph Bauer, die Herausgeber Isabella Neven DuMont und Christian DuMont Schütte, die Chefredakteure Jochen Arntz, Hartmut Augustin, Constantin Blaß und Elmar Jehn, sowie der Vorstandsvorsitzende von Gegenbauer, Christian Lewandowski und der Medienexperte Jo Groebel.

Jedes Jahr erscheinen Zehntausende Texte und Beiträge bei DuMont. Wie wählt man die besten Werke eines Jahres aus? Die Preisvergabe zeigte, wie groß die ästhetische Bandbreite der Arbeit der DuMont-Kollegen inzwischen ist, es gab Texte, aber auch Hörfunk-Beiträge, digitale Werke und Bewegtbilder. Es wurden Preise in sechs Kategorien verliehen, außerdem ein Sonder- und ein Nachwuchspreis.

Die preiswürdigen Arbeiten, die in diesem Jahr von der Jury ausgesucht wurden, zeichnen sich dadurch aus, dass sie die kleinen und großen Fragen des Lebens ansprechen, Sterben und Tod, Angst, die dunklen Seiten des Internets. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen düster, reflektiert aber vielleicht die Zeit, die stark von Zukunftsangst und Skepsis geprägt ist.

Es sei wichtig, in diesen Zeiten Orientierung zu bieten, eine Heimat, sagte Christian DuMont Schütte, der Herausgeber und der Vorsitzende der DuMont Mediengruppe, in seiner Begrüßungsrede. Er lobte die hohe journalistische Qualität der eingereichten Beiträge. „Unsere Stärke ist das Regionale“, sagte DuMont Schütte. Er würdigte die Arbeit der Kollegen vor Ort, in Köln, in Halle und in Berlin, die oft trotz widriger Umstände gründlich, hartnäckig recherchieren und kompetent informieren. „Bitte machen Sie weiter so“, appellierte er an die Redakteure.

Beste Reportage für Kölner Stadt-Anzeiger

Gleich der erste Text gab den Ton an, das Thema tonnenschwer, federleicht umgesetzt. Die Rede ist von „Ali nimmt Abschied“, erschienen im Kölner Stadtanzeiger Darin begleitet der Autor Uli Kreikebaum die todkranke Runa-Maria Struve, genannt Ali, auf ihrer letzten Reise nach Köln. „Ali ist eine Dame ohne Gnade, hart und weich, mutig und angsterfüllt, rebellisch und pflichtbewusst.

Wie die meisten, aber von allem ein bisschen mehr“, heißt es in dem Text. „Uli Kreikebaum buhlt nicht um Mitleid, macht seine Protagonistin nicht größer als sie ist, das liest sich zutiefst liebevoll und berührend“, lobte Jury-Mitglied Tanja Brandes. Sie überreichte dem Autor nicht nur eine Urkunde und Prämie, sondern auch eine neue, eigens angefertigte Reversnadel, die in diesem Jahr erstmals vergeben wird. Sie zeigt ein Tintenfass und eine goldene Feder. Damit arbeiten zwar heute die wenigsten, aber es sieht schöner aus als ein Laptop, wie Moderatorin Anke Plättner feststellte.

Er habe nach der Veröffentlichung mit seiner Protagonistin weiter Kontakt gehalten, erzählt Kreikebaum auf der Bühne. Sie sei erst von der Intimität des Textes etwas geschockt gewesen, habe ihm aber später Wein in die Redaktion geschickt. Im November vergangenen Jahres starb sie.

Investigativpreis geht an Mitteldeutsche Zeitung

Fünfzehn Monate lang haben vier Kollegen der Mitteldeutschen Zeitung, Lisa Garn, Ralf Böhme, Steffen Brachert und Kai Gauselmann recherchiert, um den Mord an einer jungen chinesischen Studentin in Dessau aufzudecken.

Mehr als dreihundert Artikel haben sie dazu in der Mitteldeutschen Zeitung geschrieben. Jury-Mitglied und Aufsichtsrat Hans Werner Kilz würdigte die die „preiswürdige Team-Arbeit“ und lobte auch namentlich den Chefredakteur der Mitteldeutschen Zeitung, Augustin, der den Kollegen Zeit für die Arbeit einräumte.

Es sei schwierig gewesen, etwas herauszubekommen, sagte einer der Autoren, Ralf Böhme. „Dessau ist eine kleine Stadt, jeder kennt jeden, die Fronten sind seit Jahren hart.“

Beste Infografik für Berliner Zeitung

Auf ein Problem, das vor allem Print-Journalisten plagt, wies die Infografikerin Isabella Galanty hin. „Man muss Informationen auswählen, reduzieren, weil wir leider nicht beim Playboy sind, wo man unten einfach eine Seite aufklappen kann und dann geht das Bild weiter.“ Isabella Galanty wurde für ihre Doppelseite „Gefährliche Brocken aus dem All“ ausgezeichnet, die im Wochenend-Magazin der Berliner Zeitung erschien.

Jury-Mitglied Isabella Neven DuMont lobte, wie gut es der Infografikerin gelungen sei, ein sehr komplexes Thema ansprechend und spannend darzustellen. Kein Wunder, dass Leser oft anrufen und sich eine PDF-Ausgabe wünschen, um sich die Grafiken zu Hause aufzuhängen. „Das ist für mich immer am schönsten“, sagte Galanty.

Bestes Konzept für Berliner Kurier

Hat nicht jeder eine zweite, unbekannte Seite? Aus diesem Gedanken machte Florian Thalmann vom Berliner Kurier ein Konzept für eine Porträt-Serie: „Die zweite Seite“, die fotografisch besonders ungewöhnlich aufgemacht ist. „Das funktioniert so gut wie ein Zaubertrick“, sagte Juror Constantin Blaß, Chefredakteur des Kölner Express.

Auf die Nachfrage, ob auch er eine zweite Seite habe, wollte Thalmann vor allen Gästen nicht antworten. Später, als sich alle am Büfett an Lachshäppchen und Hühnchenspießen stärkten, verriet er: „Ich war mal Hobby-Zauberer.“ Zauberkräfte können Journalisten auch gut gebrauchen, um die all die Geschichten aufzuschreiben, die man in der Stadt entdecken kann. 

Die Preisträger im Überblick 

Für eine besondere schreiberische Leistung
1. Platz: Uli Kreikebaum, „Ali nimmt Abschied“, Kölner Stadtanzeiger 21.01.2017
2. Platz: Damir Fras, „Es war einmal mein Amerika“, Berliner Zeitung 11. & 18.03.2017
3. Platz: Anne Lena Mösken, „Als wäre NICHTS gewesen“, Berliner Zeitung, 10.06.2017

Für eine besondere Recherche
1. Platz Lisa Garn, Ralf Böhme, Steffen Brachert, Kai Gauselmann: Recherche Mordfall Yangjie Li, Mitteldeutsche Zeitung, Beiträge aus dem gesamten Einreichungszeitraum
2. Platz: Gert Glowinski, Sebastian Münster, Korruptionsaffäre um Zeitzer Stadtwerke, Mitteldeutsche Zeitung, Dezember 2016
3. Platz: Kai Schlieter, „Das Pflegeheim am Rande der Stadt“, „Amtlich garantiertes Wegsehen“, Pflegeskandal, Berliner Zeitung, Mai/Juni 2017

Für das besondere Foto, die Grafik, die Zeichnung
1. Platz: Isabella V. Galanty, “Gefährliche Brocken aus dem All“, Berliner Zeitung, 24./25.06.2017
2. Platz: Max Grönert: Lichtinstallation am Dom zu Silvester 2016, KStA, 01./02.01.2017
3. Platz: Philipp Remke: „So haben die Menschen in Ihrem Viertel gewählt“, KStA/EXPRESS 15.05.2017

Für den besten Bewegtbildbeitrag
1. Platz: Tina Kühne, Kevin Lachmund, Lisa Reber, Alexander Pförtsch: Sprücheklopfer, TV Halle, 30.05.2017
2. Platz: Christian Kadlubietz, Kevin Lachmund: Porträt Bürgerpreisträger Aladin Nasr, TV Halle, 13.05.2017
3. Platz: Bernd Stiasny, Matthias Lochmann: Glitzerschwein im Finanzamt, TV Halle 12.06.2017

Für das beste Hörstück
Jury-Pate / Laudator: Thomas Rump
1. Platz: Dominik Hennes, „Reise in das Darknet“, Radio Euskirchen, 09.08.2016
2. Platz: Volker Groß, Beitrag nach Ratssitzung Beethovenhalle, Radio Bonn/Rhein-Sieg, 23.09.2016
3. Platz: Frank Waltel: „Türkischer Wahlkampf in Köln“, Radio Köln, 06.03.2017

Für das beste Konzept
1. Platz: Florian Thalmann, Serie „Meine zweite Seite“, Berliner Kurier, Juni 2017
2. Platz: Gert Glowinski, Jessica Quick, Jan Berger: Stadtteilseite „Meine Stadt, feine Stadt“, Mitteldeutsche Zeitung,
3. Platz: Moritz Schefers, Matthias Kießling, Ullrich Kroemer, Martin Henkel, Benjamin Binkle, Jan Berger: Newsportal rblive.de

Nachwuchspreis
1. Platz: eingereicht von MZ-Volo-Beauftragter Jessica Quick (Volontärsbeauftragte)
Namen der Gewinner für Doku:
Jessica Quick
Sophie Elstner
Anja Förtsch
Mike Händler
Jessica Hanack
Magdalena Kammler
Elisabeth Krafft
Max Mühlens
Oliver Müller-Lorey
Nicolas Ottersbach
Christiane Rasch
Tina Schwarz
Diana Serbe
Nikta Vahid-Moghtada
Fabian Wölfling
Volontärsserie “Angst überwinden“

Sonderpreis
MZ-Beilage „500 Jahre Reformation“ (im Juni 2017 erschienen in MZ, LVZ, Dresdner Neueste Nachrichten, MG Thüringen) – Konzeption: Andreas Montag (Ressortleiter
Kultur) und Frank Neumann (Gestaltung)