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«Drachenläufer»-Autor über Afghanistan

17.01.2008, 13:23

San Francisco/dpa. - Die Geschichte über eine Frauenfreundschaft will er ebenfalls verfilmen lassen, so wie sein Erstlingswerk «Der Drachenläufer». Die Leinwandversion dieses Bestsellers läuft am 17. Januar in den deutschen Kinos an. Der seit 1980 in Nordkalifornien lebende Autor hat mit Hollywood keine Berührungsängste. Er ist von dem Film begeistert, auch wenn viele Szenen aus seinem Buch der Länge wegen gestrichen wurden. «Man muss sich von Dingen, die man geschaffen hat, auch trennen können», erzählte der Autor vor dem Kinostart in San Francisco der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Wer das nicht kann, sollte seine Bücher besser nicht an Hollywood verkaufen».

Sie sind das Risiko eingegangen, ihr Buch «Drachenläufer» in Hollywood verfilmen zu lassen. Gefällt ihnen das Ergebnis?

Khaled Hosseini: «Was mir richtig gut an dem Film gefällt, ist, dass er Klischeevorstellungen von Afghanistan in gewisser Weise aus dem Weg räumt. Es geht nicht gleich mit Extremisten und Fanatikern los, es dreht sich nicht um Opium-Dealer und Leute wie Bin Laden. Es geht um ganz normale Menschen mit ihren Alltagssorgen vor dem Hintergrund der politischen Geschehnisse in Afghanistan. Ich hoffe, dass es die Leute dort in ein besseres Licht rückt.»

Die umstrittene Vergewaltigungsszene eines Jungen hatte zur Folge, dass mehrere junge Schauspieler vorsichtshalber Afghanistan verlassen haben. Durch ihr Mitwirken hätten sie sich möglicherweise in Gefahr gebracht, hieß es. Hätte man auf die Szene verzichten können?

Khaled Hosseini: «Dies ist eine Schlüsselszene, ohne die man den Film gleich hätte absagen können. Was dort passiert, ist so verwerflich, dass es die zentrale Figur, die der Vergewaltigung tatenlos zuschaut, für den Rest ihres Lebens verfolgt und eine enorme Schuld verspüren lässt. Die Szene ist sehr wichtig, aber der Film geht weit darüber hinaus. In einigen Schlagzeilen wurde der «Drachenläufer» zu einer Geschichte über Sexualverbrecher gemacht. Das ist er genauso wenig, wie er etwa ein Film über Drachen ist. Es ist ein Film über Leute die Fehler machen und dafür zahlen, über Kinder, die ihr Zuhause verlieren, über Vergebung und Feigheit.»

Sie haben mit Kindern von der Straße gedreht, die noch nie in einem Film mitgespielt haben. Wie lief das ab?

Khaled Hosseini: «Diese Kinder waren der absolute Mittelpunkt auf dem Set. Sie waren so glücklich, vor der Kamera zu stehen. Wir drehten eine Szene in einem Kino, wo sie einen Western schauten. Die Jungs erzählten mir, dass sie noch nie zuvor ein Kino betreten, geschweige denn einen Film gesehen hätten. Das war ein Moment, wo mir bewusst wurde, was für ein hartes Leben diese Kinder in Kabul gewöhnlich haben. Ich bin so stolz auf die Jungen und ihre Darbietung, aber auch auf Marc Forster. Er ist einer der nettesten, sanftesten Menschen und hat eine wunderbare Art, mit Kindern umzugehen.»

Interview: Barbara Munker, dpa