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Direktorposten Stiftung Bauhaus Direktorposten Stiftung Bauhaus: Phillipp Oswalt überrascht mit Bewerbung

27.02.2014, 19:31
Mit individuellen Geschenken bedankten sich Wegbegleiter bei Philipp Oswalt.
Mit individuellen Geschenken bedankten sich Wegbegleiter bei Philipp Oswalt. Lutz Sebastian Lizenz

Dessau-Rosslau/MZ - Sein Arbeitszimmer im Bauhaus räumt er erst am Freitag. Am Donnerstagvormittag sah es noch aus wie immer. Bis auf die Umzugskartons, die sich an einer Wand stapeln. Philipp Oswalt (49), der als Direktor der Stiftung Bauhaus 2009 auf Omar Akbar folgte, muss seinen Posten räumen, weil ihm vom Land keine Verlängerung seines Vertrages für eine zweite Amtszeit gewährt wurde, trotz unbestrittener Erfolge. Dieses Vorgehen ohne Nennung von Gründen sorgte deutschlandweit für Aufsehen. Mit Philipp Oswalt sprach unser Redakteur Christian Eger.

Herr Oswalt, haben Sie sich auf die Direktoren-Stelle beworben?

Philipp Oswalt: Ja, habe ich.

Warum haben Sie das nicht schon vor Wochen gesagt?

Oswalt: Weil Einstellungs- und Bewerbungsverfahren keine öffentliche Angelegenheit sind. Es ist dann doch auf Umwegen herausgekommen und deshalb will ich es nicht verleugnen.

Ihre Ansage hätte für etwas Klarheit in der Diskussion gesorgt.

Oswalt: Das finde ich nicht. Meine Rolle als amtierender Direktor für ein Bewerbungsverfahren zu nutzen, wäre seltsam gewesen.

Ist die Bewerbung nicht gewagt? Weder das Land noch die Stadtspitze wollen Sie.

Oswalt: Ich habe die Bewerbung nicht von den Chancen abhängig gemacht, die ich im Verfahren habe. Es geht mir um eine inhaltliche Position und ein Verständnis von Amt und Rolle, die ich hier ausgeübt habe und für die ich mich nach wie vor einsetzen will. Diese Position soll nicht unter den Tisch fallen.

Sie sind der erste Direktor der Stiftung Bauhaus, dessen Weiterbeschäftigung für eine zweite Amtszeit vom Parlament abgelehnt wurde.

Oswalt: (lacht) Das ist nicht ganz richtig. Das Parlament hat ja nur einen formalen Beschluss gefasst, jetzt die Stelle neu auszuschreiben, weil man sonst - was nicht stimmt - in fünf Jahren neu ausschreiben müsste. De facto wissen wir natürlich alle, es ist etwas anderes gemeint als das, was gesagt ist. Und es ist erstaunlich, dass der Landtag eine Entscheidung im Blick auf eine eigenständige Stiftung trifft, an der das Land nicht einmal die Mehrheit der Stimmen im Stiftungsrat hat. Eine Woche zuvor hieß es noch, man wolle mich im Kulturausschuss des Landtages hören, weil das ja eine Angelegenheit der Stiftung sei. Es hat mich verwundert, dass sich der Landtag mit solch internen Dingen befasst. Normalerweise hat er das Stiftungsgesetz zu beschließen, aber nicht in die Stiftungsgremien einzugreifen.

Weiter auf Seite 2: Was sind die Gründe für die Nichtverlängerung des Vertrages?

Was sind die Gründe für die Nichtverlängerung des Vertrages?

Oswalt: Da müssen Sie den Stiftungsratsvorsitzenden fragen. Aus meiner Sicht hat es zwei Spannungsfelder gegeben: das ist die Art und Weise, wie man zur Standortentscheidung kommt. Das Bauvorhaben ist für die Stiftung von essenzieller Bedeutung: Es betrifft deren Kerngeschäft und Identität, nämlich die Frage, wie man die Bauhausidee im 21. Jahrhundert liest. Also halte ich es für erforderlich, dass ein solcher Entscheidungsprozess höchsten fachlichen Ansprüchen Rechnung trägt, dass Argumente ausgetauscht werden, Widersprüche ernst genommen werden. Das fand nicht statt. Die Entscheidungsträger im Kabinett und im Stiftungsrat haben meines Wissens weder die Standorte gemeinsam angeguckt noch mit den vier Gutachtern wie David Chipperfield gesprochen, die alle genau das Gegenteil der Entscheidung empfohlen und dies auch fachlich begründet haben. Eine Expertenkommission wie in Weimar war nicht gewünscht.

Die Standortdiskussion zog sich kurvenreich über drei Jahre hin. Wann wurde da auf stur geschaltet?

Oswalt: Es war die Stiftungsratssitzung im April letzten Jahres, als auch mein Vertrag eigentlich verlängert werden sollte. Es wurde sowohl entschieden, die Frage des Museumsbaus ans Kabinett abzutreten als auch die Entscheidung über meinen Vertrag auszusetzen. Von diesem Moment an gab es keine fachliche Klärung mehr. Im Kabinett gilt das Ressortprinzip. Der zuständige Minister hat für den Bereich, der ihn betrifft, den Hut auf. Wobei man anmerken muss, dass bis in Regierungskreise hinein die Positionierung des Ministers für den Stadt-Standort nicht von allen geteilt worden ist. Es gab auch Informationsbedarf in der Regierung.

Sie meinen Ihr Gespräch mit Staatsminister Rainer Robra, dem Sie im Vorfeld des Kabinettsbeschlusses im Juli 2013 auf Nachfrage Ihre Gründe gegen den Stadt-Standort nannten, der diese an den Ministerpräsidenten weitergab?

Oswalt: Das sind vertrauliche Vorgänge. Dazu nur so viel: Ich bin satzungsgemäß für die Dinge der Stiftung zuständig. Und ich sehe mich in der Verantwortung, wenn ich dazu befragt werde, nach bestem Wissen und Gewissen Auskunft zu geben.

Die FAZ berichtet, dass Sie bereits 2011 von der Krupp-Stiftung 1,5 Millionen Euro für einen Ausstellungsneubau eingeworben hatten, der damals vom Land aber noch nicht gewollt wurde. Ist das Geld für das künftige Museum verfallen?

Oswalt: Erstmal schon.

Gab es Bemühungen von Seiten des Landes, den Konflikt mit Ihnen beizulegen?

Oswalt: Nein. Es gab aber einzelne Stimmen, auch aus Magdeburg, die mir Zuspruch zukommen ließen.

Wie geht es weiter für Sie?

Oswalt: Ich werde am 1. März meine Professorentätigkeit an der Universität in Kassel wieder aufnehmen. Ich habe mich mit dem Dekan getroffen und ihm auch offenbart, dass ich mich beworben habe. Er sagte, er hätte es auch getan.

War es im Nachhinein richtig für Sie, 2009 das Amt in Dessau angetreten zu haben?

Oswalt: Absolut! Ich habe es jeden Morgen genossen, in dieses Büro zu gehen. Es hat mir wirklich sehr, sehr viel Spaß gemacht und das hat man auch gemerkt, denke ich. Ich muss da jetzt ein bisschen entkoppeln vom letzten Dreivierteljahr, wo vieles passiert ist, was ich nicht für vorstellbar hielt. Aber man gewinnt immer wieder Einblicke ins Leben. Das war dann so einer.

Das Erstaunliche ist, dass man heute ohne öffentliche Begründung politisch Fakten schaffen kann.

Oswalt: Wenn man etwas begründet, macht man sich angreifbar. Denn ein Grund ist hinterfragbar. Es werden aus der Position der Macht heraus Entscheidungen getroffen, zu deren Strategie es gehört, dass man letztendlich diese Macht hat. Das halte ich für bedenklich. Es täte uns allen gut, Argumente auszutauschen, auch Widerspruch zuzulassen. Natürlich ist jede Position, auch die meine, hinterfragbar. Weniges ist so definitiv wie fünf plus fünf gleich zehn.

Weiter auf Seite 3: Sehen Sie sich in Ihrer Person beschädigt?

Sehen Sie sich in Ihrer Person beschädigt?

Oswalt: In Magdeburg wurde ich schwerstens beschädigt. Die üble Nachrede von dort war schon erheblich. Aber hier in Dessau, im Bauhaus und in der weiteren Fachwelt bin ich - so mein Eindruck - nicht beschädigt.

Was haben Sie in den vergangenen fünf Jahren über Politik gelernt?

Oswalt: Ach, eine Menge! Man lernt einige Mechanismen der Macht kennen.

Die kann man doch auch bedienen?

Oswalt: Die Frage ist, ob man sie bedienen will. Da sind wir an einem Knackpunkt.

Inwiefern?

Oswalt: Ich möchte das, was ich tue, immer selbst verantworten können. Ich möchte mich nicht hinter Entscheidungen von Dritten verbergen, auf einen Punkt zurückziehen müssen, den mir jemand ohne Nennung von Gründen zugewiesen hat. Selbstverständlich muss man Kompromisse machen und zwischen wichtig und unwichtig unterscheiden können. Und dass der Umgang mit dem Ausstellungsgebäude schwierig sein würde, wusste ich. Das bereue ich auch nicht, weil ich zu dem stehen kann, was ich tat und tue. Und es als meine Pflicht sah, die Interessen der Stiftung, und nicht die meiner Person zu vertreten.

Öffentlicher Abschied: Philipp Oswalt (Mitte) Donnerstagmittag beim Presse-Lunch im Bauhaus. Regina Bittner (links) und Florian Bolenius (rechts) führen die Geschäfte, bis ein neuer Direktor gefunden ist.
Öffentlicher Abschied: Philipp Oswalt (Mitte) Donnerstagmittag beim Presse-Lunch im Bauhaus. Regina Bittner (links) und Florian Bolenius (rechts) führen die Geschäfte, bis ein neuer Direktor gefunden ist.
Lutz Sebastian Lizenz