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Die Legenden von Phantásien Die Legenden von Phantásien: Gewebe aus losen Fäden

30.12.2003, 17:06
Held und Glücksdrache: Szene aus der "Unendlichen Geschichte"
Held und Glücksdrache: Szene aus der "Unendlichen Geschichte" dpa Lizenz

Halle/MZ/ahi. - Ein Buch aber, das seinen ganzen Kosmos zwischen zwei Deckeln vereint, drohte lange in Vergessenheit zu geraten. 25 Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung ist "Die unendliche Geschichte" von Michael Ende zwar ein verlässlicher Longseller, der Mediendonner um die leise Verführung nach Phantásien schien jedoch längst verhallt. Der Droemer-Verlag aber scheint ein feines Gespür für den Widerhall des Werkes bei einer jüngeren Autoren-Generation zu besitzen - und hat mit drei Titeln eine neue Serie begründet, die Endes freigiebig ausgelegten Spuren folgen will.

Ein besonderer Reiz der "Unendlichen Geschichte" nämlich besteht bis heute in jenen losen Fäden, mit denen der Autor anderen Erzählern Anknüpfungspunkte bietet: "Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden", heißt es auf den lindgrün und rostrot bedruckten Seiten vielerorts, wenn sich der begnadete Fabulierer schweren Herzens zur Disziplin zwingt. Genau diese anderen - oder andere - Geschichten erzählen nun Tanja Kinkel, Ulrike Schweikert und Ralf Isau in den ersten Bänden der "Legenden von Phantásien", denen im kommenden Frühjahr zwei weitere Titel folgen sollen.

Der besondere Reiz der Idee, die auf einen langjährigen Freund und Lektor von Michael Ende zurückgeht, liegt in der Freiheit der Entscheidung: In Erinnerung an jenes legendäre Amulett Auryn, das den Helden Atréju und Bastian Balthasar Bux die Erlaubnis "Tu was du willst" gab, suchen sich die Autoren ihren eigenen Zugang zum unendlichen Reich Phantásien. Damit wird die ursprüngliche Schöpfung nicht nur um neue Geschichten bereichert, die ihrerseits Anlass für künftige Fortschreibung bieten. Sie wird darüber hinaus auch zu einem Brennglas, das Stile und Motive verschiedener Künstler bündelt.

So betont Tanja Kinkel den weiblichen Aspekt der Fantasy-Literatur, wenn sie in "Der König der Narren" ein Mädchen zum Kampf gegen das Nichts aussendet. So wählt Ulrike Schweikert den naiven Märchenton für "Die Seele der Nacht". Und so bemächtigt sich Ralf Isau gar jenes Bibliothekars, der "Die unendliche Geschichte" mit einem wachen und einem zugedrückten Auge bewacht. Dieses Vexierspiel hat seinen besonderen Reiz - aber das ist eine andere Geschichte...

Tanja Kinkel: "Der König der Narren"; Ulrike Schweikert: "Die Seele der Nacht"; Ralf Isau: "Die geheime Bibliothek des Thaddäus Tillmann Trutz"; alle Droemer-Verlag 2003, jeweils 18,90 Euro.