Für NSU-Drama Diane Kruger beim Filmfestival in Cannes für "Aus dem Nichts" zur besten Schauspielerin gekürt

Cannes - Es war ihre erste große Rolle in einem deutschen Film, nun ist sie zur besten Schauspielerin beim Filmfest in Cannes gekürt worden: Deutschlands Hollywoodstar Diane Kruger erhielt die begehrte Trophäe am Sonntagabend für ihre Rolle in dem Film des Hamburger Regisseurs Fatih Akin „Aus dem Nichts“. Der Hauptpreis - die Goldene Palme - ging überraschend an die schwedische Satire „The Square“ von Regisseur Ruben Östlund.
In „Aus dem Nichts“ spielt Kruger eine Frau, deren kurdischstämmiger Mann und Sohn von Neonazis ermordet werden. Der Film ist von der Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) inspiriert. Die deutsche Hollywood-Schauspielerin hatte AFP gesagt, der Dreh habe sie sehr mitgenommen. „Der Film hat mich fast umgebracht“, betonte sie.
Sigmar Gabriel gratuliert Diane Kruger
Das blonde Ex-Model Kruger spielt in der Regel in großen Hollywood-Produktionen mit. Zu ihrer Rolle in Akins Film hatte sie indes gesagt, der Film habe ihr „Leben verändert“. Bei der Preisverleihung zeigte sich Kruger sichtlich bewegt. „Fatih, mein Bruder, danke, dass Du an mich geglaubt hast, dass Du mir erlaubt hast, diesen Film zu machen“, sagte sie, als sie - in eine schwarze schulterfreie Robe gekleidet - die Trophäe entgegennahm. Sie könne den Preis nicht annehmen, ohne an die Menschen zu denken, die von einem Terrorakt betroffen gewesen seien. „Ihr seid nicht vergessen“, sagte Kruger.
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) gratulierte Kruger zu der Ehrung. Sie habe „den Opfern der NSU-Morde Gesicht und Stimme“ gegeben, erklärte Gabriel.
Kruger wurde 1976 als Diane Heidkrüger in Algermissen bei Hildesheim geboren. Schon früh verließ sie ihre Heimat, um in London Ballett zu lernen, mit 16 arbeitete sie als Model in Paris. Anschließend nahm Kruger ihre Leinwand-Karriere auf. Bekannt ist sie etwa aus Hollywood-Produktionen wie „Troja“ oder „Inglourious Basterds“.
„The Square“ war der Überraschungssieger
Zum besten Schauspieler wurde am Sonntag in Cannes der US-Star und dreimalige Oscar-Nominierte Joaquin Phoenix für seine Rolle in dem Thriller „You Were Never Really Here“ der britischen Regisseurin Lynne Ramsay gekürt. Die schwedische Produktion „The Square“ war der Überraschungssieger des Abends. Zwar wurde der Film beim Festival gut angenommen, Regisseur Ruben Östlund zeigte sich dennoch vollkommen überrascht von der Auszeichnung mit dem Hauptpreis. „Oh mein Gott, oh mein Gott“, rief der 43-jährige Filmemacher bei Bekanntgabe der Auszeichnung. Der oftmals urkomische Film nimmt die Kunstwelt auf die Schippe und beleuchtet Heucheleien und gesellschaftliche Spannungen.
Die US-Regisseurin Sofia Coppola wurde als beste Regisseurin für ihr Remake des Films „Betrogen“ (The Beguiled) ausgezeichnet. Der Preis für das beste Drehbuch wurde zu gleichen Teilen den Filmen „The Killing of a Sacred Deer“ des Griechen Giorgos Lanthimos und „You Were Never Really Here“ zuerkannt.
Der Preis der Jury ging an den russischen Regisseur Andrej Swjaginzew für sein Familiendrama „Loveless“ (Lieblos), der als einer der Favoriten für die Goldene Palme gegolten hatte. Den Großen Preis der Jury erhielt das ebenfalls als Favorit für den Hauptpreis gehandelte französische Drama „120 Battements Par Minute“ (120 Schläge pro Minute).
Sonderpreis für Nicole Kidman
Einen Sonderpreis anlässlich der 70. Ausgabe der Filmfestspiele erhielt Hollywoodstar Nicole Kidman, die mit vier Projekten in Cannes vertreten war. Im Hauptwettbewerb von Cannes hatten insgesamt 19 Filme miteinander konkurriert.
Der neunköpfigen Jury unter dem Vorsitz des spanischen Regisseurs Pedro Almodóvar gehörten unter anderen Hollywood-Größen wie Will Smith und Jessica Chastain sowie die deutsche Regisseurin Maren Ade an. Almodóvar hatte kurz vor Eröffnung des Festivals für Wirbel mit seiner Forderung gesorgt, dass der Gewinner der Goldenen Palme in den Kinos zu sehen sein müsse. Damit sahen die beiden vom US-Streamingdienst Netflix produzierten oder zu verbreitenden Filme „The Meyerowitz Stories“ und „Okja“ ihre Chancen auf eine Auszeichnung deutlich geschmälert. (afp)