"Der Klügere kippt nach"-Kritik "Der Klügere kippt nach"-Kritik: Wigald Bonings Schmuddel-Fantasien und andere Banalitäten

Köln - Was mögen sich die Macher von „Der Klügere kippt nach“ gedacht haben, als sie (vermutlich in Bierlaune) das Konzept zu ihrer Sendung ersonnen? Dass der deutsche Durchschnittsfernsehzuschauer den wahren Wert des Alkohols noch nicht erkannt hat? Dass Hugo Egon Balder und Hella von Sinnen endlich mal wieder öfter im Fernsehen zu sehen sein sollten?
Wahrscheinlich haben sie gar nicht soviel nachgedacht, sondern nur genau hingeschaut. Schließlich gibt es sie schon, die unkonventionelle Saufshow, bei der indiskrete Fragen gestellt und mehr oder weniger prominente Gäste in Verlegenheit gebracht werden. Sie heißt „Inas Nacht“. Auch da sitzt man in einer Kneipe, drum herum das grölende Publikum, es gibt Musik und getrunken wird auch. Das hört sich profan an, ist aber ziemlich witzig. Und wo eine Show funktioniert, so dachte man sich wohl bei Tele 5, da kann man auch noch eine machen, frei nach dem Motto, besser gut geklaut als schlecht erfunden. Im Fall von DKKN kommt das leider fast auf dasselbe hinaus.
Der Funke zündet nicht
Das liegt nicht an den wenig tiefsinnigen Gesprächen, die Moderator Wigald Boning (lustig), Hella von Sinnen (so eine Art Sidekick von Boning, mäßig lustig) und Hugo Egon Balder (quasi inexstent) mit ihren Gästen führen. Tiefsinn hatte wirklich niemand erhofft, und wer von einer Sendung, die die Aufforderung zum Saufen im Namen trägt, Niveau erwartet, der glaubt auch, Dieter Bohlen gründe Selbsthilfegruppen für Mobbingopfer.
Dass der Funke nicht zündet, liegt eher an der Banalität einer Veranstaltung, die mit mehr Leidenschaft Abend für Abend an den Stammtischen in allen Eckkneipen der Republik stattfindet. Warum sollte es auch besser funktionieren, nur weil eine Kamera dabei ist?
Wie das so ist, bei feucht fröhlichen Runden, erfährt man immer wieder nebenbei Dinge, die man nie wissen wollte. Zum Beispiel, dass der Moderator Micky Beisenherz nicht pinkeln kann, wenn ihm jemand zusieht, Kay Ray Darkrooms und Schmuddelecken mag und Wigald Boning eigentlich immer Pornostar werden wollte. Seine Chance sieht er nun gekommen: Silberpornos, also Sexfilme mit Darstellern im reiferen Alter und ebensolcher Zielgruppe, liegen schließlich im Trend. Und auf Sex, da sind sich alle in der Runde einig, haben auch ältere Menschen ein Recht. Na fein.
Tatsächlich beginnt die Gesprächsrunde kurzweilig, was vor allem an Kay Ray liegt und dessen (in der Sendung nur theoretisch erläuterten) Fähigkeit, aus seinen Hoden ein Vogelnest zu formen. „Das geht aber nur unbeschnitten, die Vorhaut braucht man für den Schnabel.“
Esther Schweins fehl am Platze
Zugegeben, derlei wird nicht oft gesagt im deutschen Fernsehen. Allerdings ist Kay Ray jemand, der von Berufs wegen aus sich herausgeht, da braucht es keinen Alkohol zur Zungenlockerung. Gleiches gilt für von Sinnen und Beisenherz. Esther Schweins, auch das erfährt der aufmerksame Zuschauer, ist Gemüsebotschafterin und ansonsten so lebendig wie eine Tonfigur. Die schlüpfrigen Anspielungen der anderen lächelt sie tapfer weg, während man sich fragt, wer die arme Frau eigentlich in die Sendung und auf den Barhocker gezerrt hat.
Nach einer Stunde DKKN hat man dann noch gelernt, dass Thomas Middelhoff in die Politik gehört (wer Karstadt fertig machen kann, für den ist doch Putin kein Problem!), Dieter Bohlen mit Heino verwandt und sitzen lebensgefährlich ist. Das Gespräch ist banal, harmlos, zum Teil ganz unterhaltsam und mit fortschreitender Sendezeit zunehmend langweilig.
Das Konzept des Formats hat Wigald Boning zwischendurch übrigens noch erläutert: „Ein paar Leute sitzen zusammen und unterhalten sich über verschiedene Themen unter Alkoholeinfluss.“ Das ist in der Tat ganz gut zusammengefasst. Nur hätte man dafür auch einfach runter in die Eckkneipe gehen können.