Der Dalai Lama kommt nach Hamburg
Hamburg/dpa. - Schon von weitem begrüßen bunte Gebetsfahnen die Besucher im Hamburger Stadtteil Rahlstedt. Hinter den Mauern eines Einfamilienhauses liegt Deutschlands ältestes tibetisch- buddhistisches Zentrum - und eines der wenigen, das unter der Schirmherrschaft seiner Heiligkeit, des 14. Dalai Lama, steht.
Bereits drei Mal war das geistliche und politische Oberhaupt der Tibeter zu Gast im Tibetischen Zentrum. Das letzte Mal gab der Dalai Lama 1998 vor rund 10 000 Menschen mehrtägige Belehrungen bei Schneverdingen in der Lüneburger Heide. Vom 21. bis 27. Juli wird der «Ozean der Weisheit» im Hamburger Tennisstadion am Rothenbaum über Frieden und Mitgefühl sprechen und einen philosophischen Grundlagentext erläutern. Die Veranstalter rechnen mit rund 30 000 Teilnehmern aus der aller Welt, Karten sind noch erhältlich.
«Der Besuch seiner Heiligkeit ist für uns immer ein besonderes Ereignis», sagt der ehemalige buddhistische Mönch Oliver Petersen, einer der westlichen Lehrer im Tibetischen Zentrum. Bei Reisen nach Indien hatten Ende der 70er Jahre einige Hamburger ihr Interesse für den Buddhismus entdeckt. Es entstand der Wunsch, die sanfte Religion der Gewaltlosigkeit auch in Deutschland zu praktizieren. Nach einer Audienz beim Dalai Lama entsandte dieser 1979 den hohen Gelehrten und Meditationsmeister Geshe Thubten Ngawang, der 2003 starb, als geistlichen Leiter des Zentrums ins ferne Europa. «Der Geshe gehörte noch zu jener Generation von tibetischen Lamas, die ihre Ausbildung größtenteils im alten Tibet absolvierten», sagt Petersen.
Der Geshe habe das gute Renommee des Tibetischen Zentrums bewirkt, indem er fachkundig einen authentischen Buddhismus vermittelte. «Sein Anliegen war es, alle Aspekte der buddhistischen Praxis hier zu etablieren: Studium und Meditation, alle Arten von buddhistischen Gelübden und die Etablierung eines buddhistischen Ordens», erläutert Petersen, der selbst bei Geshe Thubten Ngawang lernte und im Alter von 22 Jahren für viele Jahre Mönch wurde. «Als junger Mann war ich auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und war fasziniert vom Buddhismus, da er keine Offenbarung, sondern die Schulung des eigenen Geistes anbietet», sagt der 46-Jährige. Diese Aufforderung zu Mitgefühl, Toleranz und Selbstverantwortung begeistert seit Jahren im Westen immer mehr Menschen.
Heute hat das Tibetische Zentrum, ein eingetragener Verein, rund 500 Mitglieder. Tibetische und westliche Lehrer unterrichten im Hamburger Zentrum, im Meditationszentrum in der Lüneburger Heide wird das Gelernte dann umgesetzt. «Wir haben verschiedene Angebote für Einsteiger und Fortgeschrittene und versuchen jeden dort zu erreichen, wo er steht», sagt Petersen. Geshe Thubten Ngawang entwickelte ein siebenjähriges Studium der buddhistischen Philosophie, das auch von Fernstudenten absolviert werden kann und einmalig in Europa ist. «Mittlerweile haben wir den 8. Lehrgang, mehr als 1000 Menschen haben an den Kursen teilgenommen», sagt Petersen.
Im Garten des Zentrums steht eine farbenfrohe Stupa, ein Reliquienschrein, den die Tibeter traditionell umrunden. In einem ehemaligen Schwimmbad entstand ein Tempel. Fein säuberlich stehen hier kleine Tische in Reih und Glied, dahinter Kissen zum Sitzen. Auf den Tischen liegen buddhistische Texte. An den Wänden hängen religiöse Rollbilder, so genannte Thangkas, und in Vitrinen stehen zahlreiche Buddha-Figuren. Vorne ist ein erhöhter Sitz zu sehen, eine Art kleiner Thron, von dem aus die Lehrer unterrichten. Auf einem höheren Thron dahinter steht ein Bild des Dalai Lama. «Der Platz für ihn wird immer frei gehalten.»